Rezension

Ein unbesiegbarer Sommer - Wendi Stewart

Ein unbesiegbarer Sommer - Wendi Stewart

Ein unbesiegbarer Sommer
von Wendi Stewart

Bewertet mit 4 Sternen

Als das Auto der Familie Archer in Kanada durchs Eis eines gefrorenen Sees bricht, kann Robert einzig seine Tochter retten. Während sie heranwächst, kümmert sich Rebecca allein um den Haushalt und die Farm, der Vater kapselt sich ab. Doch so überwältigend wie die Trauer ist auch ihre Wut auf den Vater, dem nicht zu helfen ist und der nach und nach alle Erinnerungsstücke an die Mutter verschwinden lässt. Trost findet Rebecca in der Freundschaft mit Chuck, einem empfindsamen, von seinem Vater tyrannisierten Jungen, und mit Lissie, die von einer perfektionistischen Adoptivmutter gegängelt wird. – Ein eindringliches Debüt, das Trauer und Komik, Melancholie und unbändigen Lebenswillen perfekt verbindet.
(Klappentext)

Gleich zu Beginn fand ich toll, wie gut und authentisch die Autorin aus der Sicht von Kindern geschrieben hat und man nachvollziehen konnte, wie Rebecca, Chuck und Lissie verschiedene Situationen und Geschehnisse wahrnehmen und erleben.
Die ersten paar Kapitel erzählen von Rebeccas Leben und dem schrecklichen Unfall der Familie, der ihr komplettes Leben verändert. Später wird auch aus der Sicht der anderen beiden Hauptcharaktere erzählt.
Zitat : "Manchmal schwingt sie sich mitten auf der Koppel auf ihr Pony, liegt auf Daisys Rücken und schaut in die Wolken. Dann sieht sie Hunde und Drachen und Burgen in den sich auftürmenden und dahintreibenden Wolken und vergisst für kurze Zeit, wo sie ist und wer sie ist. Sie denkt nicht mehr an Verlust und Einsamkeit und daran, wie sich das Leben urplötzlich verändern kann."
Oft gibt es in dem Buch mehrere Zeitsprünge und Rebecca beim Schulanfang Chuck kennen, der auch kein einfaches Leben hat. Obwohl, und wahrscheinlich gerade deswegen, weil die beiden so verschieden ist, freunden sie sich an. Rebecca ist charakterlich sehr selbstbewusst, und für ihr Alter ungewöhnlich realistisch und muss durch ihre aktuelle Situation schnell lernen, eigenständig zu sein und viele Aufgaben im Haushalt übernehmen. Chuck dagegen ist träumerisch, kindlicher und hilfloser als Rebecca und leidet viel unter seinem Vater. Er ist ängstlich und wirkt schwächlich und man merkt schnell, wie sie sehr er Rebecca braucht.
Diese ganz besondere Freundschaft zwischen den beiden, die zusammen Dinge unternehmen um ihrem harten und tristen Alltag zu entfliehen, ist einfach nur schön. Rebecca nimmt zwar mehr die Unterstützende Rolle ein, aber durch Chuck ist sie auch weniger einsam.
Erst deutlich später taucht Lissie auf, die durch ihre Adoption auf einer Identitätssuche ist, den von ihrer Adoptivmutter streng kontrollierten Tagesablauf befolgen muss und keine Freunde hat und nicht irgendwo richtig dazugehört. Gut gefallen hat mir auch wieder, dass Rebecca, mit ihrer starken nach außen Persönlichkeit und ihrer für die anderen unsichtbaren inneren Verletztheit, Lissie eine total große Hilfe ist und die drei Freunde insgesamt durch ihre Freundschaft stärker sind, weil Liebe von ihren Familien nicht existiert.
Von großer Bedeutung ist für das Buch die Fantasie und Vorstellungskraft in der Welt von Rebecca, Chuck und Lisssie, wo es eigentlich keine Hoffnung auf ein besseres Leben gibt. Ihre Träume sind trotz ihrer verlorenen Kindheiten nicht vergessen und sie wünschen sich ein anderes Leben, indem sie glücklich sind.
Zitat : "Sie hatte noch nie eine Freundin, ist noch nie in ein Baumhaus gestiegen, um leise von Träumen und Alpträumen zu erzählen, hat noch nie jemanden aus ihrer Klasse zum Übernachten eingeladen, noch nie im Wohnzimmer ein Zelt aus Decken und Sofakissen gebaut.[...] Vielleicht ist es zu spät für Elisabeth, sich ihnen anzuschließen, aber es könnte ihre letzte Chance sein, Freundschaft zu erfahren, zu erleben, neben jemanden zu stehen, der dort nicht stehen muss, es aber trotzdem tut."
Interessant ist war auch, dass die Geschichte ungefähr ab den 60er Jahren in einer trostlosen, leicht abgeschiedenen Kleinstadt in Kanada spielt.
Was mich leider nicht komplett überzeugen konnte, war der Schreibstil der Autorin. Zwar mochte ich total, wie sie aus der Sicht der Hauptpersonen geschrieben hat, aber oft war die Geschichte doch langatmig, es gab manchmal abrupte Zeitsprünge und das Buch konnte mich nicht richtig packen. Ich habe leider (auch bei so einem Genre) das Gefühl vermisst, unbedingt weiter lesen zu wollen.

Fazit :
Ein gutes und berührendes Buch über verlorene Kindheiten und die ganz besondere Freundschaft von Rebecca, Chuck und Lissie in einer trostlosen Welt.