Rezension

Ein ungewöhnlich realistischer Liebesroman, der nicht (ver)urteilt oder beschönigt und unserer Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht hält.

Zoé & Adil in Love - Susanne Rocholl

Zoé & Adil in Love
von Susanne Rocholl

„Also ich bin ja wirklich nicht fremdenfeindlich“ sagte ein Dicker hinter der Frau aus der zweiten Reihe. „Aber was sollen die Leute in der abgelegenen Kurklinik den ganzen Tag tun? Rumstrolchen? Dummheiten machen? (...)
(Seite 106)

Zoés Welt steht Kopf – sie fühlt sich durch ihre Narben entstellt, kann ihrem besten Freund, der sie verursacht hat, nicht verzeihen –und soll nun mit ihrer Mutter zu ihrem Onkel ans Ende der Welt ziehen. 
Als in dem 5000 Seelen Ort auch noch 300 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, gehen die Wogen hoch.

„Zoé & Adil in Love“ ist ein ungewöhnlich ehrlicher Liebesroman. Wir begleiten die 16jährige Zoé auf ihrem Weg von Berlin an den Niederrhein, erleben ihre Höhen und Tiefen, ihre Versuche, ihre Narben und auch sich selbst zu verstecken. Als sie den minderjährigen Flüchtling Adil kennenlernt, bringt sie das völlig durcheinander. Ein Flüchtling, ein Moslem? Sie hatte in Berlin viele Freunde mit Wurzeln in anderen Ländern, auch muslimische, aber als fixen Freund? Außerdem scheint er beinahe Angst vor ihr zu haben, wirkt traumatisiert. 
Auch im Ort spürt man ein Auf und Ab, Vorurteile und Ressentiments machen den Neuankömmlingen und auch den Alteingesessenen das Leben schwer. Da werden Versammlungen organisiert und Zäune hochgezogen, um jemanden aus- oder sich selbst einzusperren?
Susanne Rocholl beschreibt sehr realistisch und ungeschönt, was derzeit (immer noch) in unserer Gesellschaft passiert. Obwohl kaum einer von uns Fluchtgründe nachvollziehen kann, erlauben wir uns alle ein Urteil über Wirtschaftsflüchtlinge, die „männlichen“ Bedürfnisse, die uns in Gefahr bringen (?!)…
Mit Zoé hat sie eine unglaubliche starke Protagonisten geschaffen, die ihre wahre Kraft und ihre Überzeugungen erst nach und nach finden muss. Es war schön, ihre Entwicklung zu beobachten und ihre Aufrichtigkeit hat mich wirklich gepackt.

Fazit: Ein ungewöhnlich realistischer Liebesroman, der nicht (ver)urteilt oder beschönigt und unserer Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht hält.