Rezension

Ein ungewöhnlicher Thriller

Die sieben Farben des Blutes - Uwe Wilhelm

Die sieben Farben des Blutes
von Uwe Wilhelm

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Mörder treibt sich in Berlin rum, versteckt hinter dem Decknamen Dionysos bringt er einige einflussreiche Frauen mit dem Ziel sie zu "heilen" um und spielt dadurch auf den Erhalt der konventionellen Geschlechterrollen an. Die exzellente Staatsanwältin Helena Faber ist ihm auf der Spur, doch schon bald wendet sich das Blatt und sie selbst wird zur Gejagten...

Dieser Thriller beginnt rasant, mitten in dem Fall der bereits ein Jahr zuvor begonnen hat, als Dionysos erstmals in Erscheinung trat. Die Tötungsart ist immer gleich und stellt etwas Symbolisches dar um die Frauen an ihren "eigentlich bestimmten" Platz in der Gesellschaft zu verweisen und sie dadurch zu retten. Dahinter vermutete ich zuerst einen religiösen Fanatismus, der sich für mich jedoch nicht so klar abzeichnete, da sich der Täter stark auf das provokante und kontrovers diskutierte Buch eines berliner Professors bezieht und dieses quasi zu seiner Bibel gemacht hat und es weniger/gar nicht um religiöse Einflüsse geht.

Die augenscheinliche Heldin Helena wirkte erst stark, unnahbar, beinahe schon perfekt. Dieser Eindruck wurde im Laufe der Geschichte entkräftet durch ihre Selbstzweifel sowie die gesundheitlichen Probleme, die sie menschlicher erscheinen ließen und sie für mich authentischer machten. Diese genannten gesundheitlichen Probleme sorgten für ganz viel Trubel und sie hätten dem Täter schon viel früher auf die Schliche kommen können. So zog sich der Fall ziemlich in die Länge und der Täter hatte genug Chancen sie zu beseitigen. Das empfand ich als sehr nervenaufreibend, spannend und nach einer Weile etwas lächerlich, da hier für meinen Geschmack übertrieben wurde und von der einstigen Heldin nicht mehr viel übrig blieb. Auf primitive Art und Weise verliert sie viel "Zivilisiertes" und ihre ganze intelligent scheinende Ausstrahlung und reduziert diese auf das Nötigste. Nichtsdestotrotz ist sie eine ungewöhnliche und einzigartige Ermittlerin, die nicht in das bekannte Schema von Thriller/Krimis passt und mir dadurch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Als Nebencharakter hat mir der Professor Gibran aufgrund seiner unkonventionelle und provokanten Art gefallen. Er betrachtet vieles anders als die meisten Menschen und hat einen anderen Blickwinkel auf gesellschaftliche Normen bzw. deckt verborgene Mechanismen auf, die unterbewusst (oder auch bewusst) vorhanden sind und das Verhaltens hinsichtlich der Geschlechterrollen beeinflussen. Wenngleich er manchmal über das Ziel hinaus schießt und übertreibt, konnte er mich für sich gewinnen und ist einer der abenteuerlichsten Charaktere, die mir jemals in einem Buch untergekommen sind.

Die Handlungen rund um den Täter waren packend, dramatisch und für mich lange undurchsichtig, sodass ich niemals auf den wahren Täter gekommen wäre und mich gerade das umgehauen hat. Der ganze andere "Dreck" der dadurch ans Licht kommt und ausgegraben wird, wird noch folgenschwere Konsequenzen in den Folgebänden haben und das Potential welches in diesem Band schlummert, wird weitergenutzt, was mir persönlich sehr gefällt und mir weitere aufregende und atemberaubend spannende Stunden bereiten wird.

Fazit: Ein absolut ungewöhnlicher und besonderer Thriller mit einer wechselhaften Ermittlerin, die für nervenaufreibende Stunden sorgt und meine Geduld auf die Probe gestellt hat, einem durchtriebenen und gerissenen Täter und einigen weiteren interessanten Charakteren, die einzigartiger nicht sein könnten und viel Abwechslung in die Geschichte bringen.