Rezension

Ein vielseitiger Roman, der sich mit den verschiedenen Facetten des Lebens auseinandersetzt

Zum Paradies
von Hanya Yanagihara

Bewertet mit 4 Sternen

Als ich gesehen habe, dass Hanya Yanagihara einen neuen Roman veröffentlicht hat, konnte ich gar nicht anders, als diesen zu lesen. Mir hat ihr Roman „Ein wenig Leben“ so gut gefallen und weil dieser Roman mich emotional so berühren konnte, wollte ich auch unbedingt „Zum Paradies“ lesen. Allerdings sind meine Erwartungen bezüglich dessen nicht ganz eingetroffen. „Zum Paradies“ ist ganz anders als „Ein wenig Leben“. Trotzdem ist der Roman deshalb nicht weniger lesenswert.

Der Roman „Zum Paradies“ von Hanya Yanagihara erzählt drei Geschichten über drei Jahrhunderte:

Der erste Teil spielt im Jahre 1893 in einem New York, welches ganz anders ist als die Realität. Es geht um David, der in einer wohlhabenden Familie aufwächst, dieser aber den Rücken zukehrt, weil er sich in einen Musiklehrer verliebt. Die Gesellschaft, in der er lebt, wirkt anfangs fast utopisch, denn in seiner Welt ist Homosexualität total selbstverständlich. Jedoch trügt der Schein und auch diese Gesellschaft ist nur so von gesellschaftlichen Ungleichheiten geprägt.

Der zweite Teil handelt von der AIDS-Pandemie im Jahr 1993 und einem Mann, welcher sein Leben mit einem reichen, älteren Mann verbringt. Dieser Teil hat sich für mich persönlich eher gezogen und mir hat diese Geschichte nicht ganz so gut gefallen, wie die anderen Beiden. Es war für mich eher anstrengend, die Geschichte zu lesen und ich hätte mir mehr Informationen rund um die AIDS-Pandemie gewünscht.

Der letzte Teil spielt im Jahre 2093. In dieser eher dystopischen Geschichte geht es um eine Gesellschaft, die aufgrund von Krankheiten völlig anders ist als das, was wir kennen. In dieser Welt lebt Charlie, die herausfinden will, wohin ihr Ehemann jede Woche verschwindet. Dieser Abschnitt hat mir am besten gefallen. Die Zustände, die Yanagihara beschreibt, wirken auf mich einfach so realistisch und sind gar nicht so weit hergeholt. Wir leben zurzeit auch in einer Welt, in der wir aufgrund von Krankheit sehr eingeschränkt sind und die Vorstellung, dass unsere Welt auch mal so aussehen könnte, ist wirklich beängstigend und erdrückend.

Obwohl die drei Geschichten sich aufgrund der Zeit und der Zustände sehr voneinander unterscheiden, haben sie jedoch auch Gemeinsamkeiten: anstatt selbstbestimmt zu leben, sind die Protagonist*innen von jemandem abhängig. Diese Abhänigkeit ist ein Thema, was uns innerhalb des Romans immer wieder begegnet. Aber auch andere Motive prägen dieses Buch: Die Geschichten zeigen die verschiedenen Seiten des Lebens, sowie Liebe, aber auch Einsamkeit, Angst oder Verlust. Der Roman zeigt die Emotionen des Lebens, die sich in keiner der Geschichten voneinander unterscheiden.

 

Anfangs haben mich die fast 900 Seiten abgeschreckt, jedoch fliegt man in dem Buch nur so über die Seiten. Das liegt vor allem an Yanagiharas Schreibstil, der sehr flüssig zu lesen ist. Das Buch wird nie so wirklich langweilig, weil man immer wieder neues erfährt und auch die Zusammenhänge innerhalb der einzelnen Teile sich erst im Laufe des Buches erschließen. Dies hat jedoch teilweise auch sehr für Verwirrung gesorgt. Teilweise wurde mir der Zusammenhang nicht ganz klar und auch, dass in jeder Geschichte wieder dieselben Namen verwendet wurden, hat für mich das Lesen nicht unbedingt einfacher gemacht. Außerdem bleibt auch noch nach der letzten Seite sehr viel offen und für mich sind einfach noch viele Dinge unklar.

Dennoch bietet der Roman sehr viel Stoff zum Nachdenken und auch nach dem Lesen lässt mich das Buch nicht ganz los. Es ist zwar nicht ganz so emotional wie „Ein wenig Leben“, aber trotzdem ist das Buch sehr aufwühlend und teilweise erdrückend und bringt einen dazu, über das Leben und die jetzigen Zustände, aber auch die Zukunft, nachzudenken.

 

FAZIT:

Das Buch lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits hat es mir gefallen, wie tiefgehend und vielseitig das Buch ist. Auf der anderen Seite jedoch sind für mich persönlich zu viele Fragen unbeantwortet geblieben und ich hätte mir von dem Roman einfach mehr erwartet.