Rezension

Ein vollendeter Duft: Kopf-, Herz- und Basisnote

Der Duft der Erinnerung - Erica Bauermeister

Der Duft der Erinnerung
von Erica Bauermeister

Bewertet mit 5 Sternen

„Was den Duftpapieren aber in Wahrheit anhaftete, war etwas viel Mysteriöseres. Erinnerung.“ (S.30)

Bereits der Prolog von Der Duft der Erinnerung ist ein Versprechen, dass eine besondere Geschichte folgt. Es geht um Emmeline, die mit ihrem Vater auf einer einsamen Insel lebt und von Gerüchen und Märchen umgeben ist. Ihr Geburtstag ist der erste Frühlingstag, wenn die Veilchen anfangen zu blühen. Sie möchte einmal Duftjäger werden, wir Jack aus den Abenteuern, die ihr Vater immer erzählt. Und die Geheimnisse der Duftpapiere, die ihr Vater in Flaschen aufbewahrt, möchte sie ergründen. „Jede Schublade enthielt eine kleine Falsche, und ein jeder Flasche befand sich ein zusammengerolltes Blatt Papier, das ein Geheimnis barg. […] Mein Vater öffnete diese Flaschen fast nie.“ (S.13)

 

Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt: Die Insel, Die Bucht, Die Stadt. Jeder Ort steht für eine große Weiterentwicklung Emmelines und für viele neue Gerüche.

Auf der Insel lebt sie mit ihrem Vater fernab jeglicher Menschen. Der Duft nach Bäumen, dem Meer und der Jahreszeiten begleiten Emmeline durch die ersten 12 Jahre. Sie kann Anhand des Geruchs das Wetter voraussagen, frisch gelegte Hühnereier mit ihrer Nase finden und Gerüche flüstern hören.

Als sie in die Bucht kommt, kennt sie keine anderen Menschen, außer ihren Vater, und ist sehr scheu. Nur langsam gewöhnt sie sich, mit Hilfe des Hundes Dodge, an die neue Umgebung und andere Menschen. Dodge orientiert sich ebenfalls mit seiner Nase, so wie Emmeline. „So wurde er mein Übersetzer für die Welt außerhalb des Hauses. Seine Nase machte sie sicherer für mich, und bald darauf hatte ich selbst wieder Lust, die Luft um mich herum so wahrzunehmen wie er – als etwas Pures, Lebendiges voller Mitteilungen.“ (S. 93)

In der Stadt findet Emmeline nicht nur etwas über ihre Vergangenheit heraus, sondern auch zu sich selbst.

 

Der Duft der Erinnerung erzählt Emmelines Geschichte aus der Ich-Perspektive. Der Schreibstil ist sehr bildhaft und regt vor allem in Hinsicht auf die beschriebenen Gerüche die Phantasie an. Dabei werden viele verschiedene Themen angesprochen, doch im Mittelpunkt stehen, wie auch in Emmelines Leben, die Düfte. Dieses Buch ist mit seinen drei Abschnitten wie ein vollendeter Duft, mit einer Kopf-, einer Herz- und einer Basisnote.

 

„Vielleicht war die Geschichte ohne konkrete Einzelheiten besser. Das ist oft so bei Märchen.“ (S. 213)