Rezension

Ein wahnsinnig-abstraktes Abenteuer

Willkommen in Night Vale - Joseph Fink, Jeffrey Cranor

Willkommen in Night Vale
von Joseph Fink Jeffrey Cranor

Bewertet mit 4 Sternen

Night Vale scheint nicht einmal von ganz weit weg eine normale Stadt mitten im Nirgendwo der amerikanischen Wüste zu sein. Denn hier werden blutige Debatten darüber geführt, ob Berge existieren. Der Stadtrat ist ein Haufen aggressiver Monster, das Schreiben mit Stiften ist verboten, ebenso wie die Anerkennung der Existenz von Engeln und Wolken. Auch die Zeit spielt ein wenig verrückt. So gibt es zum Beispiel Jackie, die schon seit Jahrzehnten 19 Jahre alt ist. Eines Tages taucht ein Mann auf, den jeder nach wenigen Sekunden wieder vergisst, der Jackie einen Zettel mit der Aufschrift "King City" gibt, den sie weder loslassen noch zerstören kann. Was hat es mit King City auf sich und wer ist der vergessene Mann, der ihr den unzerstörbaren Zettel gab und wieder verschwand?

Dieses Buch ist... wie soll ich sagen. Mir fehlen alles andere als die Worte, denn um dieses Buch zu beschreiben gibt es einfach viel zu viele passende Adjektive. Absurd, verrückt, urkomisch, verwirrend, zum-kopfschütteln-anregend und das-gehirn-ausschalten-da-man-sonst-irre-werden-würde-nd. So in etwa; ich denke, wir verstehen uns :'D

  Nein, jetzt mal ganz ehrlich: Als ich das erste Kapitel durch hatte, habe ich das Buch erst einmal zur Seite gelegt. Es war mir einfach noch viel zu abstrakt und es gab zu viele "Was? Momeeent... WAS?! xD"-Momente, in denen man sich einfach auf gut Jugendsprache dachte "What the f**k?", aber gleichzeitig ein Lachen nicht unterdrücken konnte.

  Ich sage nicht, dass man sich (schnell) an diesen Schreibstil gewöhnt, aber ich denke doch, dass das Gehirn sich irgendwie anpasst. Denn das muss es... "Willkommen in Night Vale" ist erstmal schwere Kost, gegen die nicht einmal Schiller ankommt. Das Gehirn muss mitwachsen, um dieser Stadt gewachsen zu sein. Vielleicht braucht es auch einfach ein wenig Psilocybin, um sich auf das richtige Level zu begeben. Wer weiß. (#notrigger)

  Mir wurde zwar schon über Instagram angekündigt, dass "die Zeit in Night Vale ein wenig anders laufe"... aber dass es dann so verrückt werden würde, hätte ich nie gedacht.

  Aber genug von diesem Thema... kommen wir doch lieber zu den Dingen, die einigermaßen in einer festen Bahn verlaufen in diesem Buch: Die Charaktere und die Story. 

  Da gibt es Jackie, ein Mädchen, das nicht altert und sich ihr Leben lang nur an eine Tätigkeit erinnern kann: Ihre Arbeit in ihrem Pfandhaus. Dann gibt es noch Diane, die Frau, die ihren Sohn Josh großzieht, der täglich seine Gestalt wechselt und auf der Suche nach seinem Vater ist. Diesen wiederum gibt es an die hundert Mal. Logischerweise. Ich meine... hallo? Standard. 

  Die Charaktere haben mir insgesamt sehr gut gefallen. Sie waren mir alle sympathisch und teilweise sogar ziemlich witzig, was daran lag, dass sie die Absurdität ihrer Stadt einfach hingenommen haben, obwohl sie wussten, dass etwas daran nicht normal war. Anscheinend lernt man das, wenn man in Night Vale aufwächst.

  Die Story hat mich allerdings erst recht spät gepackt... Ich habe sogar lange Zeit verpasst, dass sie überhaupt begonnen hatte. Der Zettel, der in Jackies Hand kleben blieb, war für mich "normal", da ja Night Vale als Stadt bezeichnet wurde, in der alles nicht-normale normal war. Ich konnte das noch nicht wirklich unterscheiden. Also habe ich erst recht spät bemerkt "Oh... es ist ja schon vor hundert Seiten losgegangen". Aber als ich das dann realisiert hatte, wurde ich wirklich gut unterhalten und hatte den Rest des Buches in einem Rutsch durch. 

Fazit:
Ein wirklich sehr, sehr verrücktes und abstraktes Buch. Keine leichte Kost, aber wenn man es irgendwann entschlüsselt hat, ist es sehr unterhaltsam. Meiner Meinung nach besticht es aber genau dadurch, dass es so extrem anders ist als andere Bücher. Wer also etwas Neues ausprobieren möchte und keine Scheu hat, seinem Gehirn ein so verrücktes Abenteuer zuzumuten, ist mit "Willkommen in Night Vale" genau richtig beraten.

 

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