Rezension

Ein wahrer, historischer Kriminalfall, neu und fesselnd aufgerollt

Das Darmstädter Mörderliebchen -

Das Darmstädter Mörderliebchen
von Ella Theiss

Bewertet mit 5 Sternen

Dies ist bereits der zweite historische Krimi von Ella Theiss, der in Darmstadt spielt und auf wahren Begebenheiten beruht. Allerdings spielt sich die Handlung ca. elf Jahre später ab als die "Darmstädter Nachtgesänge", und es handelt sich um einen Kriminalfall, der in keinem Zusammenhang mit dem ersten steht, aber zu meiner Freude sind auch diesmal wieder einige Mitglieder der Familie Büchner dabei. Christina bangt um ihren Verlobten, der im Hause von Görlitz als Kammerdiener angestellt ist. Als bei einem Brand die Gräfin umkommt, fällt der Verdacht auf Johann. Nach seiner Verhaftung beginnt für Christina eine schwere Zeit, denn sie wird allerorts geächtet und als Mörderliebchen verspottet. Nach einer Begegnung mit Luise Büchner, die ihr hilft und sie zu ihrem, als Häkelkränzchen getarnten, Frauenzirkel einlädt, schließt sie sich den mutigen Frauen an.

Auch lernt sie den Radikaldemokraten Paul kennen. Dieser führt jedoch quasi ein Doppelleben, und Christina ist sich nicht sicher, inwieweit sie ihm vertrauen kann.

Der Kriminalfall um den Tod der Gräfin Emilie von Görlitz wird sehr ausführlich betrachtet. Der Prozess erregte damals großes Aufsehen und wurde in der Presse über mehrere Jahre immer wieder thematisiert. Diesem Roman liegt eine sehr ausgiebige und gründliche Recherche zugrunde, das spürt man auf jeder Seite. Die Autorin hat es sich wahrlich nicht leicht gemacht, denn allein die damals angelegte Prozessakte umfasst ca. 800 Seiten.

Den Ansatz, die Geschichte aus der Sicht von Johanns Braut Christina zu schildern, finde ich sehr interessant und spannend, denn Frauen hatten damals wenig Rechte und tauchten in Chroniken, Prozessakten etc. meist nur als Randfiguren auf, vor allem wenn sie den unteren Bevölkerungsschichten angehörten. Die Frauenrechtsbewegung war damals noch in ihren Anfängen, wobei hier im Buch schon einige wichtige Charaktere und Begebenheiten angesprochen werden, die zukunftsweisend waren.

Neben dem fesselnden Kriminalfall hat dieser Roman jede Menge Zeitkolorit zu bieten. Man erfährt viel über die politische Entwicklung und über revolutionäre Untergrundbewegungen im Land. Was der historischen Wahrheit entspricht und was als Fiktion einzuordnen ist, erklärt die Autorin sehr ausführlich im Nachwort. Auch mit diesem Roman ist es Ella Theiss wieder gelungen, mich zu fesseln und gedanklich sehr intensiv in die damalige Zeit einzutauchen.