Rezension

Ein wahrer Schatz und pures Lesevergnügen!

Der Schatten des Windes
von Carlos Ruiz Zafón

Bewertet mit 5 Sternen

Carlos Ruiz Zafón gelingt es, zwei parallele Geschichten geschickt miteinander zu verbinden und logisch ineinander zu führen. Und trotzdem behält der Leser immer den Überblick und lechzt nach jedem Detail, welches ihm einen Hinweis über die spannende Komplettierung des Puzzles gibt. Der Schreibstil des Buches ist überaus bildreich und ausschmückend. Die ausführlichen Details und fantasiereichen Formulierung sorgen dabei für ein großes, fesselndes Leseabenteuer, das einen zurecht dazu zwingt, alles liegen zu lassen und die Nacht durchzulesen. Bei der lang ersehnten Entwirrung der Fäden in Nuria Montfors Bericht ruft der Leser begeistert aus: „Ich wusste es“ und freut sich über sein detektivisches Gespür.

Ebenso, wie „Der Schatten des Windes“ von Julian Carax auf dem Friedhof der vergessenen Bücher auf den jungen Daniel Sempere gewartet hatte, wartete auch der als Geburtstagsgeschenk erhaltene, vom Klappentext eher langweilig anmutende und nicht in mein bevorzugtes Romangenre passende „Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón geduldig auf mich. Nach einem Jahr angestaubten Ausharrens in meinem Bücherregal hat es dieser Roman endlich auf meine Lektüreliste geschafft und sich doppelt und dreifach dafür bei mir bedankt. Mit einer fesselnden Handlung, die üppig und mit viel Finesse daherkommt, dabei aber auf 563 Seiten nicht an Spannung, Abwechslung und Stringenz verliert, zieht die lebendige Geschichte den Leser sofort in seinen Bann und den seiner markant-tiefgründig gezeichneten Charaktere. Zuerst sind da nur Daniel und sein Vater, doch dann treten immer mehr Figuren hinzu, lassen die Handlung komplexer und dichter werden, die Äste wachsen gleichsam einer sich teilenden Zelle. Carlos Ruiz Zafón gelingt es dabei, zwei parallele Geschichten geschickt miteinander zu verbinden und logisch ineinander zu führen. Und trotzdem behält der Leser immer den Überblick und lechzt nach jedem Detail, welches ihm einen Hinweis über die spannende Komplettierung des Puzzles gibt. Der Schreibstil des Buches ist überaus bildreich und ausschmückend. Die ausführlichen Details und fantasiereichen Formulierung sorgen dabei für ein großes, fesselndes Leseabenteuer, das einen zurecht dazu zwingt, alles liegen zu lassen und die Nacht durchzulesen. Bei der lang ersehnten Entwirrung der Fäden in Nuria Montfors Bericht ruft der Leser begeistert aus: „Ich wusste es“ und freut sich über sein detektivisches Gespür. Doch halt, der Einschub des Manuskripts der Verstorbenen stellt einen Bruch in der Erzählung dar, welche eigentlich von dem jungen Sempere oder der Erinnerung seiner Gesprächspartner getragen wird. Schon die ganze Zeit spukt ein gewisser Gedanke im Kopf herum und auch der schnelle Blick ins Inhaltsverzeichnis bestärkt die Theorie, sieht man von der Einleitung und dem Nachspiel bestehend aus wenigen Seiten ab: Die acht Kapitel ähneln vom Aufbau und von der Abfolge der in ihnen beschriebenen Entwicklungsstadien des Protagonisten erstaunlich Goethes „Wilhelm Meister“! Zwar müsste „Der Schatten des Windes“ eingehender auf seinen Gehalt als Bildungsroman untersucht werden, doch die enttäuschte Jugendliebe zu Clara, der lange Weg zur Findung der eigenen Persönlichkeit, die „Bekenntnisse einer schönen Seele“, die Entwirrung der überaus komplexen Fäden und Zusammenführung der Figuren in den letzten Kapiteln – Stationen, die auch aus Wilhelms Leben bekannt vorkommen. Hat Zafón den Aufbau seines Buches tatsächlich nach diesem großen Vorbild geplant, gebührt ihm aller Respekt, denn auch sein Werk schaffte es zu einem angesehenen und hochgelobten internationalen Bestseller. Schießen die Assoziationen der Autorin allerdings nur über das Ziel hinaus, kann dies trotzdem als Kompliment für Zafóns schriftstellerisches Können gelten. Denn nach „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ war auch die Lektüre dieses Buches, welches sich als wahrer Schatz entpuppt hat, wirklich ein Vergnügen.

Kommentare

Manu66 kommentierte am 10. April 2014 um 21:53

Eine tolle Rezi zu einem wunderschönen Buch!