Ein wechselvolles Leben
Chong wuchs im 19. Jahrhundert bei ihrem blinden Vater in Korea auf, nachdem die Mutter bei ihrer Geburt verstorben war. Vom ihm wurde sie bettelnd ernährt und von der Stiefmutter noch vor der Geschlechtsreife verkauft. Nach einem verwirrenden Ritual erreichte sie ihre neue Heimat und diente als Zweitfrau einem 80jährigen als Jungbrunnen. Sein Tod ließ nicht lange auf sich warten und die nächste Station wurde ein Freudenhaus. Statt sich, wie einige ihrer Mitarbeiterinnen jammernd dem Schicksal hinzugeben, verstand sie es, die Hoffnung auf ein besseres Leben nie aufzugeben und trotz der vielen Stolpersteine bewusst dafür zu kümpfen.
Wir Leser dürfen Chongs langes, wechselvolles Leben begleiten. Vor allem ihre jüngeren Jahre hat der Autor sehr ausführlich in gut lesbare Worte gekleidet. Bildhaft beschreibt er die unterschiedlichen Gegenden, in denen "Lotosblüte" lebte, macht uns mit verschiedensten Charakteren vertraut und lässt auch fremde Traditionen nicht aus. Sein historischer Roman enthält erotische Anteile ebenso wie politische Hintergründe.
Teilweise dachte ich, noch nie etwas ähnliches gelesen zu haben. Doch die letzten zirka 100 Seiten, in denen große Teile der japanischen Geschichte aufgearbeitet wurden, erinnerten mich an James Clavells Roman "Shogun", der vor Jahrzehnten auf den Bestsellerlisten stand.
Über Hwang Sok-Yong erfährt man bei Wikipedia: Geboren am 4. Januar 1943 in Xinjung, damaliges Mandschukup in der heutigen Volksrepublik China. Er ist einer der bekanntesten Autoren Südkoreas und zugleich einer derjenigen, die sich realistisch und kritisch mit der Vergangenheit und sozialen Wirklichkeit Südkoreas befassen. Er hat den Koreakrieg erlebt und war als Soldat im Vietnamkrieg im Einsatz. Danach begann seine Karriere als Schiftsteller. Zentrales Thema seiner Texte ist der Konflikt zwischen Tradition und Moderne.