Rezension

Ein Weihnachtsmann auf Abwegen?

Geld oder Lebkuchen -

Geld oder Lebkuchen
von Dora Heldt

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Weihnachtsmann als Bankräuber, verschwundene Spenden und eine stoische Bankangestellte, die auch ganz anders kann - in Dora Heldts "Geld oder Lebkuchen" wird Sylt einmal ganz anders als in den anderen Romanen gezeigt. Schon der Titel verrät - es weihnachtet hier sehr, für den Rentner Ernst Mannsen fast schon zu sehr, denn auf der Insel ist nichts los, Ehefrau Gudrun höchst beschäftigt im Festkomittee des Weihnachtsmarkts und Kinder-Clubs, und Ernst langweilt sich. Nicht, dass er sich von Engagement für Kinder aus sozial schwachen Familien gedrückt hätte - aber er wurde gar nicht erst gefragt, vermutlich als zu alt befunden. Statt dessen ist es Bankdirektor Dietrich, der den Weihnachtsmann spielt und als einziger Mann im Festkomittee vertreten ist. Man ahnt schnell - Ernst kann Dietrich nicht sonderlich gut leiden.

Plötzlich aber ist Ernst gefragt, denn Dietrich ist verschwunden. Telefonisch nicht erreichbar, bei der Bank nach Angaben seiner Angestellten Martina seit Wochen nicht gesichtet und obendrei beurlaubt. Hat Dietrich Dreck am Stecken? Und was bedeutet das für die Weihnachtsfeier und Geschenke der Kinder des Kinder-Clubs? Dietrich war es, der die Spenden verwaltete - Gelder, die nun dringender denn je gefragt sind, hat der Bürgermeister doch den Etat für das kostenlose Mittagessen im Club für diejenigen, deren Mütter arbeiten, gestrichen.

Gudrun und ihre Mitstreiterinnen Minna, eine ehemalige Lehrerin und Hella, einstige Schauspielerin, sind entsetzt. Keine Weihnachtsgeschenke für die Kinder, die gerade mit Feuereifer im Chor Weihnachtslieder üben? Nicht alle auf Sylt sind reich, der kleine Anton und seine alleinerziehende, aus der Ukraine stammende Mutter sind das beste Beispiel. Die Versuche, auf den letzten Drücker Spenden zu sammeln,  scheitern kläglich. Neu-Weihnachtsmann Ernst will nicht aufgeben, und die exzentrische Hella erst recht nicht. Sie überredet den eher behäbigen Ernst, die Dorfbank zu überfallen - als Weihnachtsmann verkleidet. Dank Hellas Schauspielunntericht wirkt der Robin Hood im roten Weihnachtsmannkostüm zwar überzeugend, trotzdem geht alles schief.

Wer die Romane von Dora Heldt kennt, weiß: Am Ende wartet doch ein Happy End, und gerade zur Weihnachtszeit darf und will sie nicht enttäuschen. Es ist daher kaum ein Spoiler zu verraten, dass bei allen Pannen dann doch noch alles gut wird, ja eigentlich noch besser als erwatet. Bis dahin aber dürfen die rüstigen Damen und Herren genüsslich ihre Schrullen ausleben, gibt es Verwicklungen und Überraschungen, ein bißchen Romantik, neue Freundschaften und späten Ruhm für Ernst.

Fast ein Krimi, heißt es zu "Geld oder Lebkuchen" und ein wenig erinnert der Roman an die 50-er Jahre Kiminalkomödien - manchmal ein bißchen Slapstick, dann wieder was fürs Herz und das ganze gewürzt mit einer Prise liebenswerter Exzentrik.

Katja Danowski als Sprecherin findet dafür als Sprecherin genau den passenden Ton, allerdings hochdeutsch und nicht wie an der Waterkant gesnakkt. Egal, so ist "Geld oder Lebkuchen" auch für Hörer aus dem Alpenraum oder dem Schwabenland nicht mit Dialekt-Tücken versehen. Ich habe "Geld oder Lebkuchen" jedenfalls sehr genossen. Lebkuchenkonsum inklusive.