Rezension

Ein wichtiges Buch

Kleine Stadt der großen Träume
von Fredrik Backman

Zunächst einen herzlichen Dank an den Fischer Krüger Verlag, der es mir dank eines Rezensionsexemplars, ermöglicht hat, das neue Buch von Fredrik Backman „Kleine Stadt der großen Träume“ zu lesen.

Zum Inhalt lt. Verlagshomepage: Wer glaubt noch an Björnstadt? Es liegt viel zu weit hinter den dunklen Wäldern im Norden. Doch die Menschen hier halten zusammen. Und sie teilen eine Leidenschaft, die sie wieder mit Stolz erfüllen könnte. Die den Rest der Welt an Björnstadt erinnern könnte. Vielleicht sogar Arbeitsplätze bringen, eine Zukunft. Deshalb liegen alle Träume und Hoffnungen nun auf den Schultern ein paar junger Björnstädter. Noch ahnt keiner in der Stadt, dass sich ihre Gemeinschaft über Nacht für immer verändern wird.

„An einem späten Abend Ende März nahm ein Teenager eine doppelläufige Schrotflinte in die Hand, ging damit geradewegs in den Wald, richtete die Waffe gegen die Stirn eines anderen Menschen und drückte ab.  –  Die nachfolgenden Geschichten erzählen, wie es dazu gekommen ist.“

Wenn ein Buch so beginnt – voller Verheißungen – hat es mich eigentlich sofort gepackt. Leider brauchte ich in diesem Fall, im Gegensatz zu den vorherigen Büchern von Backman, tatsächlich um einiges länger, um in die Geschichte hinein zu finden. Ob es am für mich doch etwas sperrigen Thema Eishockey lag, das mich auf jeder Seite verfolgte? Irgendwann begriff ich jedoch, dass dieser Sport letztendlich nur als Synonym für jeden beliebigen Mannschaftssport zu sehen ist – als Symbol  für einen gewissen Zusammenhalt im Sport und auch, was das mit Menschen machen kann.

Nach dieser Erkenntnis war ich drin und nach und nach erschließt sich mir – wie ein Puzzle – das ganze Geschehen.

Backmann erzählt in seinem ganz eigenen Schreibstil eher nüchtern und schnörkellos ein hochgradig emotionales Buch über Freundschaft und Loyalität. Und eben auch über Eishockey – ist es doch dieser Sport und die Mannschaft, auf den der kleine Ort so all seine Hoffnung für die Zukunft setzt. Und als dann etwas wirklich schlimmes passiert, treffen etliche Dorfbewohner Entscheidungen, die es ihnen schwer macht, sich im Spiegel noch ins Gesicht sehen zu können. Es ist ein Buch über Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen und was passiert, wenn diese eben doch überschritten werden.

„Hass kann manchmal extrem stimulierend wirken. Wenn man die Welt in Freunde und Feinde aufteilt, ist sie leichter zu verstehen und weniger angsteinflößend. Wir und die anderen, die Guten und die Bösen. Die einfachste Art, eine Gruppe zu einen, geschieht nicht aus Liebe, denn Liebe ist kompliziert und stellt Ansprüche. Mit Hass ist es einfacher.“

Durch eine wechselnde Sicht- und Erzählweise erlebt man die Gefühls- und Gedankenwelt ganz verschiedener Personen – manche wachsen mir unsagbar ans Herz und ich leide mit ihnen. Andere wiederum könnte ich vor lauter Wut und Frustration stundenlang an die Wand klatschen. Das beweist, wie gut Backman die Dinge transportieren kann.

Dieses Buch ist keine leichte Kost und hebt sich auf Grund seiner hohen Tiefgründigkeit für mich auch noch mal von Backmans anderen Büchern ab. Es ist düsterer und zeigt, dass er einen ganz großen Gespür für zwischenmenschliches hat. Und der Autor punktet in meinen Augen zusätzlich mit so manchen wirklich tiefsinnigen Sätzen:

„Eine lange Ehe zu führen ist kompliziert. Und zwar so kompliziert, dass sich die meisten langjährig Verheirateten mitunter fragen: „Bleibe ich eigentlich mit meinem Partner verheiratet, weil ich ihn liebe, oder nur, weil ich es nicht zulassen will, dass mich nach ihm noch ein anderer so gut kennenlernt?““

„Mutter zu sein, dass kommt ihr immer so vor wie eine zu kleine Wolldecke. Wie weit man sie auch auszubreiten versucht, darunter friert immer jemand.“

Ein wichtiges Buch und eine eindeutige Leseempfehlung!