Rezension

Ein Wiedersehen auf Camino Island

Das Manuskript - John Grisham

Das Manuskript
von John Grisham

Bewertet mit 3 Sternen

Zum Inhalt:
Ein Hurrikan der höchsten Stufe steuert auf die Insel Camino Island an der Küste Floridas zu. Alle Einwohner der Insel werden aufs Festland in Sicherheit gebracht. Nur wenige bleiben zurück und verbarrikadieren sich. So auch Bruce Cable, der ortsansässige Buchhändler, der mit zwei Freunden auf der Insel verbleibt. Nachdem der Hurrikan vorüber gezogen ist, entdecken die Männer einen Freund, Nelson Kerr, tot durch mehrere Kopfverletzungen im Hinterhof seines Hauses. Was zunächst als Unfall angenommen wird, entpuppt sich schon wenig später als ein Mord. Denn Nelson war ein ehemaliger Anwalt, der als Autor mit spannenden Justizthrillern sein Geld verdiente. Aktuell schrieb er an einem neuen Thriller mit einem brisanten Thema. Das Manuskript hierzu ist allerdings zunächst nicht auffindbar. Bruce und seine Freunde fangen an, auf eigene Faust zu ermitteln und kommen bald dahinter, dass der oder die Mörder hinter dem Manuskript her waren. Denn der Inhalt war diesmal absolut nicht fiktiv...

Meine Leseerfahrung:
Von Grisham ist man ja eher nicht gewohnt, dass er eine Reihe startet. Als ich das erste Mal "Das Original" mit den Figuren Mercer Mann und Bruce Cable gelesen habe, war ich schon erstaunt, welch eine erzählerische Änderung bei Grisham stattgefunden hat. Denn es hatte mit dem Setting auf dem fiktiven Camino Island an der Ostküste eine völlig andere unbeschwerte Atmosphäre im Gegensatz zu den üblichen Thrillern vom Autor. Es war mal ein anderer Roman bzw. Krimi mit Urlaubsfeeling und jede Menge literarischer Momente, für Buchliebhaber ein absoluter Lesegenuss. 

Im Nachfolger "Das Manuskript" tritt Mercer eher in einer Nebenrolle auf, wobei Bruce diesmal voll und ganz im Vordergrund agiert. Ich hatte mich daher sehr auf ein Wiedersehen gefreut, da ich seine Figur vorher am Interessantesten fand und mir mit dem zweiten Roman mehr Informationen über seine Person erhoffte. Das kam allerdings zu kurz, denn zu Anfang des Buches schreibt Grisham eindeutig zu detailliert über Leo, den Hurrikan, und über die Folgen seines Auftretens und das Leid der Einheimischen nach der Katastrophe. Damit war der erste Teil für mich persönlich zwar gut erzählt, aber viel zu zäh, da ich ohnehin kein Fan von Stories mit Naturkatastrophen bin, insbesondere wenn man sich damit viel zu lange aufhält wie hier.

Als der tote Freund aufgefunden wird, kommt endlich etwas Fahrt in den Erzählfluss. Allerdings ist Spannung eher spärlich vorhanden und wegen der langsamen und sachlichen Aufklärung des Mordes, würde ich dieses Buch eher zu den ruhigeren Krimis zählen. Gegen Ende wurde es dann endlich wieder interessanter, als das Manuskript schließlich doch auftaucht und wesentliche Anhaltspunkte liefert, weswegen Nelson sterben musste. Dann folgen wiederum einige schockierende Wendungen in der Handlung, die vielleicht viel eher hätten aufgegriffen und aufgedröselt werden müssen. 

Im Großen und Ganzen hat mir aber ganz Besonders die sonnige Zeit auf der Insel, die Urlaubsstimmung und die literarische Gesellschaft aus dem Vorgänger "Das Original" gefehlt. Statt Strand, Meer und Romanze, erwartet den Leser im zweiten Teil ein zerstörtes Camino Island, Auftragskiller und für Laien sehr professionell ermittelnde Literaturfans, was stellenweise einen etwas unglaubwürdigen Eindruck hinterließ. Auch wenn Grisham sich mit diesem Buch nunmehr wieder seinem gewohnten Thrillerstil nähert, bleibt das Thema doch eher seicht. Mir kam es so vor, als ob der Autor sich nicht entscheiden konnte, einen Roman mit Krimielementen wie bei "Das Original" zu liefern, oder wieder seinem Genre treu zu bleiben, und die Story in einen Thriller mit politischer Brisanz umzuändern. Das Ergebnis fand ich diesmal leider nicht sehr gelungen.

Fazit: 
Das Wiedersehen mit Bruce Cable hat leider meine Erwartungen in Bezug auf seine Person nicht erfüllt. Auch hat mir die leichte, entspannte Atmosphäre des Auftaktromans gefehlt. Wer einen guten Thriller von ihm lesen möchte, sollte sich die früheren Romane von Grisham vornehmen. Dieses Buch kommt nicht einmal an seinen Vorgänger "Das Original" heran.