Rezension

Ein wunderbar poetischer Roman mit sehr viel Feingefühl, der zum Nachdenken anregt!

Dein fremdes Herz - Kati Seck

Dein fremdes Herz
von Kati Seck

"Und Worte, das hatte ich über all die Jahre gelernt, waren etwas so Machtvolles. Sie erschufen Kinderfantasien, sie ließen Erwachsene fliegen, wenn sie längst kein Kind mehr waren, sie formten Gesetze und Ordnung, sie brachten Träume und ganze Leben zu Papier, und manchmal auch Menschen zusammen!" (S. 28)
 

Inhalt

Kannst du einen Fremden lieben, weil ein vertrautes Herz in seiner Brust schlägt?

Eines Tages findet Nela Harolds ein Paket mit alten Briefen vor ihrer Tür. Diese weisen sie an, ans Meer zu reisen und den von Schuldgefühlen geplagten Maximilian zu finden. Doch dieses Abenteuer ist besonders: Nela reist in die Vergangenheit, denn Maximilian trägt das Herz ihres verstorbenen Vaters in sich, dem sie nie verzeihen konnte, dass er sie als Kind verlassen hat. Bald erkennt Nela, dass die Briefe der Schlüssel sind - der Schlüssel zu Maximilian, seinem Herzen und ihrem Vater selbst.

Meine Meinung

Der poetische und äußerst gefühlvolle Schreibstil von Kati Seck hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Ich habe Seite um Seite sehr genossen, auch wenn die Thematik manchmal dazu führte, dass ich den Roman kurz aus der Hand legen und durchatmen musste. Durch die Bildlichkeit des Schreibstils hatte ich zudem das Gefühl direkt vor Ort zu sein und durch Nelas Augen sehen zu können.

Nela war mir von Anfang an sehr sympathisch. Sie ist eine ruhige, aber auch sehr selbstsichere Frau, die sich wacker durch ihr Leben schlägt – ein Leben, das ihr schon so einige Felsbrocken vor die Füße geworfen hat. Dass ihr Vater sie ohne ein einziges Wort verließ, als sie gerade mal 10 Jahre war, hinterließ eine tiefe Wunde in ihrem Herz, die sich nie wieder schloss. Die Reise ans Meer ist nicht nur ein Weg für Nela sich mit der Vergangenheit zu versöhnen, sondern auch eine Möglichkeit, neue Weichen für ihre Zukunft zu stellen und zu hinterfragen, was sie im Leben wirklich erfahren und leben möchte. Ich habe bis zum Ende mit ihr mitgefühlt und mitgelitten und auch die ein oder andere Träne vergossen.

Auch die anderen Charaktere des Romans sind sehr authentisch und tiefgründig gestaltet, was mich zu ihnen ebenfalls eine große Nähe aufbauen lies. Und auch wenn ich ihre Handlungen nicht immer gutheißen konnte, konnte ich verstehen, was sie antrieb und warum sie zu den Menschen geworden sind, die sind und waren.

Über all den zwischenmenschlichen Beziehungen steht im Roman immer das große Thema Organspende und Organtransplantation. Dem Leser wird vor Augen geführt, wie schwierig es ist, darüber zu entscheiden, ob die Organe eines geliebten Menschen gespendet werden werden soll, wenn er sich selbst nie dazu geäußert hat und nun am Ende des Lebens nicht mehr dazu in der Lage ist. Zudem erfahren wir durch Maximilian, wie schwer es teilweise ist, mit einem fremden Organ zu leben, auch wenn einem dadurch mehr Lebenszeit geschenkt wird.

Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass der Roman nicht versucht zu belehren, sondern lediglich dazu anregt, sich selbst Gedanken über die Themen Organspende und Patientenverfügung zu machen. Denn dafür ist es nie zu früh, aber manchmal leider zu spät.

Fazit

Für mich ist dieser leise und unheimlich gefühlvolle Roman ein absolutes Lesehighlight, das sehr zum Nachdenken anregt. Ich kann ihn jedem ans Herz legen, da er ein Thema behandelt, das jeden Menschen betreffen kann.