Rezension

Ein wunderbarer Schmöker!

Das Geheimnis der Muse - Jessie Burton

Das Geheimnis der Muse
von Jessie Burton

Bewertet mit 5 Sternen

Da geht es so ab: das Buch auf, die Welt aus, das Kopfkino an, Lesegenuss bis zur letzten Seite.

„Das Geheimnis der Muse“ hat mir ausgezeichnet gefallen, daher empfehle ich den Roman auch wärmstens weiter.

Im Fokus stehen zwei Künstlerinnen: eine junge Malerin im Jahr 1936 in Andalusien, kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges, und eine farbige, junge Schriftstellerin im Jahr 1967 in London. Beide haben erhebliche Schwierigkeiten, ihre Werke an die Öffentlichkeit zu tragen. Die beiden wollen lieber im Hintergrund bleiben.

Die Erzählstränge wechseln sich ab: Mal wird die Geschichte von Olive, der Malerin erzählt, die sich im Dachzimmer einer andalusischen Finka eingerichtet hat und dort die Blütezeit ihrer Schaffenskraft erlebt. Zusammen mit ihren Eltern ist sie dorthin aus London gezogen, der Vater ein Kunsthändler, der so manches Bild u.a. an Peggy Guggenheim verkauft, die Mutter eine gelangweilte Schönheit. Die Geschichte von Odelle, die aus Trinidad nach London vor paar Jahren kam und nun bei einer angesehenen Galerie einen Job ergattert hat, spiegelt sich im gewissen Sinn darin. Zudem gibt es noch andere Verbindungen zwischen den beiden. Odelle will das Geheimnis eines Bildes aufdecken, mit dem sie eines Tages konfrontiert wird. Odelles Vorgesetzte Marjory Quick, die für sie und ihr Talent eine Mentorin und Förderin wird, scheint auch ein dunkles Geheimnis zu verbergen.

In beiden Erzählsträngen gibt es Liebesgeschichten, spannende Frauenschicksale, allerhand Rätselhaftes um das Bild der Heiligen Rufina, um die Identität von Marjory Quick, auch um die von manch anderen Figuren. Das Thema der Identität ist schon gut präsent, aber auch so authentisch den Erzählteppich eingewoben worden! Das gilt auch für die in die Tiefe gehenden, treffenden Gedanken um Künstler, ihr Schaffen, ihre Werke und Künstlerdasein insg. Es wird auch mit manchem Denkfehler in der Hinsicht aufgeräumt, die Fettnäpfe, in die die Neulinge oft treten, beim Namen genannt uvm. Man liest auch klare Botschaften heraus, die an die Künstler/innen gerichtet wurden.

Es gibt auch schöne, rührende Momente, auch Szenen, bei denen ich schmunzeln musste, z.B. dort wo die weit hergeholten Interpretationen der heutigen Kunsthistoriker dem Leser mit Augenzwinkern präsentiert wurden. Es geht auch um Frauenfreundschaft, Ehe, Mutter-Tochter Beziehung, Eifersucht, Leidenschaft, Verrat, Demütigung, Mord, uvm.

Beide Erzählstränge sind auch sehr schön, sehr atmosphärisch und so zum Greifen nah erzählt worden, sodass man gleich in den Roman abtaucht, zusammen mit den Figuren ihre Geschichten lebt und mit ihnen fiebert, bis die letzte Seite umgeblättert worden ist.

Fazit: Ein wunderbarer Schmöker über die Liebe und Freundschaft, über Künstler und ihre Werke uvm. Alle Zutaten für einen schönen Roman sind da und entfalten sich prima zu ihrer wahren Größe. Es ist definitiv kein (!) 08/15 Frauenroman nach Schema F.

Da geht es so ab: das Buch auf, die Welt aus, das Kopfkino an, Lesegenuss bis zur letzten Seite. Fünf leuchtende Sterne und eine klare Leseempfehlung!