Rezension

Ein wunderbares Buch, wenn man sich die ganze Kunst wegdenkt

Drei auf Reisen - David Nicholls

Drei auf Reisen
von David Nicholls

David Nicholls: Drei auf Reisen
Kein und Aber | 544 Seiten | Erscheinungsjahr: 2014 | Originaltitel: us

ZITAT:
"Du meinst, die Liebe, die man für sein Kind empfindet, ist nicht echt, sondern etwas rein Biologisches?" "Im Gegenteil. Sie ist echt, weil sie biologisch ist! Wie man für deine Freunde, Partner, ja sogar Geschwister empfindet, hängt von ihrem Verhalten ab. Bei den eigenen Kindern spielt das keine Rolle. Es ist egal, was sie tun. Eltern lieben ihre Kinder nicht weniger, wenn sie Rotzlöffel sind, oder?"

+ EINSTIEG
Ich glaube ich habe selten bei einem Buch schon auf der ersten Seiten so viel gelacht, wie bei diesem. Douglas war mir sofort sympathisch, weil er selbst diesen herben Schlag, den er am Anfang des Buches abbekommt auf eine selbstironische Art und Weise nimmt, die ich absolut bewundere. Man lernt auf den ersten Seiten nicht nur Douglas kennen, sondern erfährt die Lebensustände der Familie und wie Douglas Connie kennengelernt hat. Dieser erste Abschnitt hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich wollte unbedingt weiterlesen.

+ SCHREIBSTIL
Der Stil war gerade am Anfang sehr angenehm zu lesen, dadurch kam ich sehr leicht ins Buch rein und konnte mich in die Geschichte hinein denken. In diesem Buch wurde der Ich-Erzähler verwendet, den ich sehr bevorzuge. Douglas berichtete über die Geschehnisse vor und während der Grandtour und ließ dabei immer Passagen aus früherer Zeit einfließen in der Connie und er noch sehr verliebt waren. Der Schreibstil war für mich sehr natürlich. Keine Unterhaltung oder Szene schien gestellt oder weit hergeholt. Sicherlich wurde hier mit einigen Klischees gearbeitet, aber nicht alle Klischees sind falsch, irgendwo müssen sie schließlich herkommen.

+ CHARAKTERE
Douglas ist für mich wirklich der typische Wissenschaftler und Connie die Künstlerin wie sie im Buche steht. Natürlich wurde auch hier mit vielen Klischees gearbeitet, aber das hat die Protagonisten nur umso lebendiger gemacht. Mir hat es gut gefallen. Das einzige Problem war für mich, dass ich mich weder in Douglas, noch in Connie und auch nicht in "Egg" hineinversetzen konnte. Zumindest nicht so richtig. Douglas hätte ich manchmal schütteln wollen, weil er so eingefahren war in seiner Meinung, aber ich hätte mich kaputt lachen können über seine selbstironische Art und Weise. Connie und ihr gemeinsamer Sohn sind beide künstlerisch angehaucht und sie benehmen sich genauso, wie man sich einen exentrischen Künstler vorstellen würde.

+ SETTING
Das Setting war wunderbar. Egal an welchen Ort die Familie, bzw. Douglas gerade war, ich konnte es mir bis ins kleinste Detail vorstellen. Besonders leicht fiel es mir natürlich bei den Orten, die ich selbst schon einmal bereist habe, aber auch Venedig und Amsterdam beispielsweise waren für mich greifbar und real. Übrigens hat mich dadurch ziemlich das Fernweh gepackt.

- VERLAUF
Ja, der Verlauf. Mein Sorgenkind bei diesem Buch. Es fing so gut an und ich dachte, dieses Buch und ich, wir werden dickste Freunde, aber dann wurde es irgendwie langsam und sehr kunstbehaftet. Das ist eigentlich so meine Kritik. Immer wenn sie irgendwo waren ging es praktisch nur um Kunst, Bilder, Gegenständen und seine Gedanken dazu wurden mir zu auszuführlich beschrieben. Ich habe nun mit Kunst leider gar nichts am Hut und konnte mit diesen Ausführungen so gar nichts anfangen. Bis zu einem bestimmten Punkt habe ich mich oftmals arg gelangweilt, auch wenn es zwischendurch natürlich witzige Szenen gab.

+ ENDE
Es ist vielleicht nicht das Ende, das ich erwartet habe, aber es ist perfekt. Es ist genau das richtige  Ende für dieses Buch. Ich glaube, wenn es zu meinem erdachten Ende gekommen wäre, wäre die Geschichte wahrscheinlich ziemlich unglaubwürdig. So, wie es endet, so ist das Leben. Das Leben hält sich nicht immer an das Drehbuch. Das Ende konnte mich wirklich überraschen.

FAZIT: Note 2
Das Buch war nicht durchweg schlecht. Auf gar keinen Fall. Die Geschichte glänzt durch einen herrlich humorvollen Einstieg, klischeebesetzte aber tolle Charaktere und einen sehr natürlichen Schreibstil. Auch die verschiedenen Settings konnten mich von sich überzeugen und löst bei mir den Wunsch zu reisen aus. Allein der Verlauf der Geschichte hat mich leider enttäuscht. Es ging mir zu langsam voran und alles in dieser Geschichte war einfach zu kunstlastig. Für mich als Kunstmuffel war das leider nichts.Trotzdem habe ich mich doch dazu entschieden, dem Buch eine zwei zu geben, weil es eine wunderbare Geschichte ist, wenn man sich die Kunst einmal wegdenkt. Ich habe das nochmal ein wenig sacken lassen und mit meiner Ma darüber gesprochen und kann sagen: "Ja, es ist ein gutes Buch."