Rezension

Einatmen - Ausatmen

Breathe - Gefangen unter Glas - Sarah Crossan

Breathe - Gefangen unter Glas
von Sarah Crossan

Wie bewusst man anfängt zu atmen und man die eigene Atmung zu schätzen beginnt, während man dieses Buch liest. Es ist kaum vorstellbar, was sich dort abspielt und dass es keinen natürlichen Sauerstoff mehr gibt. Atmen ist für uns Menschen selbstverständlich, jeder Mensch atmet - nimmt man ihnen den Sauerstoff, so nimmt man ihnen das Recht auf Leben!

Sarah Crossan hat somit ein sehr wichtiges Thema in ihrem Buch behandelt und die unterschwellige Botschaft, die sie versucht ihren Lesern und Leserinnen mitzugeben, finde ich sehr wertvoll in Anbetracht der Umstände, wie wir mit unserer Welt umgehen. Es regt auf jeden Fall an über unsere Zukunft nachzudenken!

Das Cover des Buches bleibt für mich bis zum Ende des Buches verwirrend. Die Farben, finde ich, harmonieren sehr schön und stellen die Kuppel und die Seite außerhalb der Kuppel dar, aber der Junge und das Mädchen passen mit dem Vergleich zur Geschichte nicht darauf. Wenn man es logisch betrachtet könnten sie Quinn und Alina darstellen, aber die zwei haben doch relativ wenig miteinander zu tun. Sind sie allerdings Quinn und Bea, ist es unlogisch, da sie nicht durch die Kuppel getrennt, sondern beide immer zusammen sind.

Das Buch ist in 5 Teile geteilt: die Kuppel, im Ödland, der Widerstand, die Schlacht, Schutt und Asche. Sie könnte man so zu sagen als Kapitelüberschriften halten, da innerhalb dieser Kapitel die Geschichte auf Quinn, Bea und Alina und deren Sicht aufgeteilt ist. Diese Sichtänderungen sind meistens sehr kurz gehalten und wechseln sehr oft. Sie geben einen Einblick in die drei Hauptcharaktere, was sie empfinden, denken, ihre Werte und Einstellungen. Am Anfang wird man von Alina mitgenommen und man nimmt somit an, dass es sich hauptsächlich um Alina drehen wird in dieser Geschichte, aber so war es dann nicht. Es wird viel mehr von Quinn und Bea berichtet und Alina bleibt als Person sehr blass. Bea hat mir am besten gefallen, da sie die ganze Geschichte hindurch sehr konsequent beschrieben wird. Was ich von Quinn halten soll, wird sich erst in den Fortsetzungen zeigen. Der Rest der Charaktere bleibt ebenfalls sehr durchsichtig. Als einziger Silas hat mich überzeugt.

Das Buch (die Reihe) ist definitiv für Jugendliche ausgerichtet, was man an dem Sprachstil erkennt und an den Themen, die die Charaktere bewegen, sieht. Sarah Crossan schreibt seitenweise sehr spannend und mitreisend und dann ist es kaum möglich das Buch aus der Hand zu legen! Zeitweise versucht die Autorin witzig zu sein, vorallem der Charakter Maude Blue sollte nach ihr, so kommt es mir jedenfalls vor, für den einen oder anderen Lacher sorgen. Crossan hat das aber für mich nicht so rübergebracht und es wirkt stattdessen sehr künstlich aufgesetzt. Jedoch hat sie es soweit geschafft, dass ich mehr über Maude erfahren will und sie einen sehr interessanten Charakter darstellt!

Sehr irritiert hat mich ein Ausdruck, den Maude einmal erwähnt und zwar war das "holy shit". Das hat mich total aus meinem Lesefluss gebracht und ich musste es eine zeitlang anstarren, da es so unnatürlich klang und einfach nicht zum restlichen Stil passte. Hätte man es ins Deutsche übersetzt, hätte es durchaus gepasst, aber da das nicht der Fall war, ist es mir besonders ins Auge gestochen.

Danke liebe Frau Crossan, danke, dass die Liebesbeziehungen überhaupt nicht so abgelaufen sind, wie ich mir am Anfang gedacht habe! Es ist klar, dass eine Geschichte für Jugendliche heutzutage nicht ohne eine Liebesgeschichte auskommt, damit muss man einfach rechnen. Am Anfang denkt man sich oh nein, wie vorhersehbar: Zwei Mädchen werden sich um einen Jungen streiten. Aber zum Glück kam es ganz anders.

Der erste Teil gibt einen schönen Einblick in das Leben innerhalb der Kuppel. Für mich ein positiver Punkt, da man weiß, wie es abläuft und man es nicht nur von Erzählungen erfährt, wie schrecklich es eigentlich ist, in der Kuppel zu leben. Quinn ging mir in diesem ersten Teil ein bisschen auf die Nerven, obwohl die Autorin meiner Meinung nach (krampfhaft) versucht, dass der Leser/die Leserin einen positiven Eindruck von ihm hat.

Als Alina, Quinn und Bea im Ödland sind, also im zweiten Teil, wird die Geschichte kaum vorangekurbelt. Man wünscht sich fast das etwas Aufregenderes passiert oder sie endlich an ihrem Ziel ankommen, aber man lernt auf dieser Strecke, die die drei, größtenteils zusammen, durchwandern, die Personen besser kennen und das ist für die Entwicklung der Charaktere für mich persönlich im Endeffekt sehr interessant gewesen.

Im dritten Teil wird einem klar, dass Alina nicht von vornherein von den restlichen Rebellen als Heldin gefeiert wird und nicht alles was sie tut, gebilligt wird. Natürlich, im Endeffekt hat dann fast alles seine positive Seite, aber Alina ist nicht viel besser als der Rest der Widerstandsbewegung. Das hat mir wirklich gefallen. Der Widerstand hätte jedoch viel besser in Einzelheiten beschrieben werden können.

Ging es mir im zweiten Teil zu langsam, so waren Teil vier und fünf viel zu gehetzt. Es kommt einem so vor als müsste die Autorin möglichst schnell zu einem Ende kommen und packt so viel wie möglich in die letzten Seit

Und Sonst?

Ich hätte liebend gern mehr über den Switch erfahren, ein bisschen was wird ja erzählt, aber meiner Meinung nach nicht genug, um das Leben, das diese Menschen führen, komplett nachvollziehen zu können. An der Logik zwischendurch zweifel ich auch noch ein bisschen, da viele Fragen nicht beantwortet werden. Wie funktioniert die Versorgung innerhalb der Kuppel? Wie werden Gegenstände hergestellt und Essen produziert? Ist die Kuppel so groß, dass es massenhaft Fabriken gibt? Wie konnte alles so schnell aufgebaut werden? Warum gibt es so eine drastische Unterscheidung von Premiums und Seconds? Und noch viele mehr...

Weiters reagieren die Menschen innerhalb der Kuppel am Ende unrealistisch. Eine Rebellion, ein Widerstand macht sich nicht von einem Schlag auf den anderen in den Köpfen breit. Sowas braucht Zeit und muss wachsen wie Bäume (Naja, vielleicht nicht ganz so lang ;). Als die Bürger in der Kuppel von Quinn eine Ahnung kriegen, wie abhängig und unterdrückt sie werden, geben sie sofort ihr ganzes Leben auf, an das sie bis jetzt geglaubt haben und fangen an zu rebellieren. Dabei hatten sie vor einer Minute noch überhaupt keine Ahnung von den ganzen Machenschaften von Breathe. Kein einziger Funken Skepsis oder Argwohn in den Augen. Sie glauben Quinns Worten blind und gehen dafür teilweise in den Tod.

Wie die Regierung eine ganze Armee aufstellen konnte, die felsenfest davon überzeugt ist, dass es das beste ist, die Menschen abhängig zu machen und in der Kuppel einzusperren, was jeder einzelne Soldat als feste Einstellung haben muss, ist für mich immer noch unvorstellbar. Entweder das oder sie haben ihnen irgendwelche Lügen eingetrichtert oder so eingeschüchtert und bedroht, dass ihnen keine andere Wahl bleibt.

Diese Punkte fallen mir erst jetzt ein, nachdem ich das Buch gelesen habe und intensiv darüber nachdenke. Dem Lesevergnügen hat das keinen Abbruch getan. Ich hab es wirklich sehr gern gelesen und es war eine frische Abwechslung. Es ist sehr zu empfehlen und ich freue mich wirklich schon auf die Fortsetzungen, die ich kaum erwarten kann!