Rezension

Einblick in eine düstere aber denkbare Zukunft

Nordland. Hamburg 2059 - Freiheit - Gabriele Albers

Nordland. Hamburg 2059 - Freiheit
von Gabriele Albers

Bewertet mit 5 Sternen

Im Jahr 2059 ist in Deutschland nichts mehr, wie es einmal war. Die Bundesrepublik Deutschland existiert nicht mehr. Es gibt nur noch vereinzelte unabhängige Staaten. Einer davon ist Nordland, ein Zusammenschluss der nördlichen Bundesländer.

In Nordland herrscht eine reiche Minderheit, die in Luxus schwelgen kann. Die Gesellschaft ist hochtechnisiert, aber auf sozialer und moralischer Ebene in einer Rückentwicklung begriffen. Arme Menschen sind Ballast. Frauen zählen in der Gesellschaft nur noch als Luxusobjekt und Handelsware ohne eigene Meinung und ohne eigenes Leben.

Eine dieser Frauen ist Lillith, eine junge Frau, die sich ihre Unabhängigkeit bewahren möchte, und sich gegen eine Zwangsheirat wehrt.

Als ein Unschuldiger aus den Reihen der Armen für ein Verbrechen hingerichtet wird, das er nicht begangen hat, beginnt sich alter Widerstand unter der Bevölkerung zu regen. Lillith, die die Ungerechtigkeit hinter dem herrschenden System sieht, schließt sich dem Widerstand an.

 

Nordland zeigt auf erschreckend realistische Art, wohin die Reise unserer Gesellschaft gehen kann. Anhand aktueller Ereignisse wird hier aufgezeigt, welche Folgen möglich sind. Viele Geschehnisse, wie die Vertreibung der armen Bevölkerung aus ihren Häusern und ihre Umquartierung wecken Erinnerungen an frühere Bereiche aus unserer Vergangenheit.

Anhand der Geschichte von Lillith Civetta führt uns die Autorin durch diese düstere Welt, in der nur noch die Gier nach Geld und Macht eine Rolle zu spielen scheinen. Doch die Bekanntschaft mit den Menschen aus dem Widerstand, allen voran Bo, Sunna und Johanna, zeigen, dass es auch noch Menschlichkeit gibt. Und dass die Hoffnung auf ein besseres menschlicheres Leben vielleicht doch noch nicht aufgegeben werden muss.

Obwohl dieses Buch mit seinem Umfang von mehr als 600 Seiten erst einmal einen dicken Eindruck hinterlassen hat, muss ich sagen, dass es sich dennoch sehr gut und flüssig hat lesen lassen. Vor allem ist man gleich im Leben und den Gedanken von Lillith so eingebunden, dass man einfach weiterlesen muss. Man erlebt die Höhen und Tiefen hautnah mit und hält den Atem an in Situationen wie einer ansteigenden Flut, in der nicht nur Lillith zu ertrinken droht.

Der Roman von Gabriele Albers ist nicht nur eine perfekte Dystopie, er ist vor allem eine Mahnung, dass es so mit unserer Gesellschaft, wie im aktuellen Jahrzehnt, nicht weitergehen kann. Am besten trifft dies wohl eines meiner Lieblingszitate aus dem Roman, der auch unsere aktuelle Situation und die in Nordland 2059 beschreibt: Was bleibt von einem Rechtsstaat ohne Staat? Recht? Oder nur das Recht des Stärkeren?

Da das Ende doch ein bisschen offen bleibt, kann man sich schon jetzt auf die angekündigte Fortsetzung freuen.

Vielen Dank an die Autorin und den Verlag, dass ich dieses Buch in einer Leserunde mitlesen und mitdiskutieren durfte. Es war ein Erlebnis und hat sehr viel Spaß gemacht.

Einen Besuch in Nordland kann ich nur empfehlen….