Rezension

Eindringlich

Ich bleibe hier
von Marco Balzano

Überaus prägnant gibt bereits das Buchcover einen Eindruck zum Romaninhalt: es zeigt den Kirchturm des ehemaligen Dorfes Graun, der aus dem Wasser des Reschensees ragt. Marco Balzano erzählt die Geschichte dieses Südtiroler Ortes und wie es dazu kam, dass er gegen den Willen seiner Bewohner geflutet wurde und in einem Stausee versank. Hierbei mischt er Fiktion und Tatsachen auf unterhaltsame Weise. Die historischen Fakten von Planung und  Ausführung des Stauvorhabens verwebt er gekonnt mit der ganz persönlichen Lebensgeschichte von Trina und ihrer Familie. Aus ihrer Sicht erlebt der Leser ein halbes Jahrhundert Südtiroler Geschichte mit und spürt, wie sie sich auf das Schicksal der Einwohner ausgewirkt hat. Unaufdringlich, aber durchaus eindrucksvoll lässt Balzano uns an Trinas Seite die einschneidenden Konsequenzen miterleben, welche die häufigen politischen Veränderungen und neuen Grenzziehungen für die Bevölkerung des Vinschgau mit sich brachten.

Während Trina und ihr Ehemann Erich sich mit dem Dorf Graun und seinem Los verbunden fühlen und für seinen Fortbestand kämpfen, ziehen andere Einwohner entmutigt fort. Auch Trinas geliebte Tochter sieht keine Zukunft in ihrer Heimat und verlässt heimlich ihre Familie. So gestaltet der Autor Trinas Erzählung als Bericht an Marica, eine Art Erbe an ihre verschollene Tochter, wobei er sich einer bodenständigen, schlichten Sprache bedient, wie sie zu den Dorfbewohnern passt.

Obwohl die Unterdrückung und Missachtung von Rechten der Südtiroler Bevölkerung zugunsten politischer und wirtschaftlicher Interessen einzelner Gruppen Thema des Romans ist, verfällt der Autor weder in einen klagenden noch kämpferischen Ton. Sein Stil bleibt ruhig, authentisch, und vielleicht gerade darum wirkt seine Geschichte so eindringlich.