Rezension

Eindringlich und mitreißend erzählte Familiengeschichte

So weit die Störche ziehen - Theresia Graw

So weit die Störche ziehen
von Theresia Graw

Bewertet mit 5 Sternen

Dora Twardy wächst behütet auf einem Gutshof in Ostpreußen auf. Sie genießt ihre Jugend im Kreise ihrer liebevollen Familie. Es mangelt ihr an nichts - auch nicht an Verehrern. Doch Dora hat ihr Herz bereits an ihren Jugendfreund Wilhelm von Lengendorff verschenkt und träumt von einer gemeinsamen Zukunft. Als 1939 die Angriffe auf Polen beginnen und der Krieg ausbricht, bekommt Doras heile Welt erste Risse. Zunächst scheinen abgesagte Tanzvergnügungen ihre größte Sorge zu sein. Doch dann ziehen der Vater, der ältere Bruder und Wilhelm in den Krieg und plötzlich ist nichts mehr so, wie es vorher war. Als Dora den abenteuerlustigen Kriegsfotografen Curt von Thorau kennenlernt, ist sie plötzlich hin- und hergerissen. Denn jede Begegnung mit ihm sorgt dafür, dass Doras Herz schneller schlägt. Doch ihre Zukunft kann sie sich nur an Wilhelms Seite vorstellen. Der Krieg schreitet unerbittlich voran. Das Schicksal stellt die Familie Twardy vor einige Herausforderungen. Deshalb muss Dora erwachsen werden, Verantwortung übernehmen und zu sich selbst finden, denn nur dann kann sie herausfinden, für welchen Mann ihr Herz tatsächlich schlägt...

Der Einstieg in diesen Roman gelingt mühelos, denn das spätsommerliche Ostpreußen präsentiert sich von seiner schönsten Seite. Man merkt, wie sehr Dora ihre Familie und ihre Heimat liebt. Das Leben scheint leicht und unbeschwert vor ihr zu liegen. Denn bisher konnte sie alle Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten, durch ihr einnehmendes Wesen und ihr äußerst ansprechendes Äußeres, zu ihren Gunsten wenden. Ihre Familie, die sorglose Kindheit auf dem angesehenen Gutshof und der gesicherte finanzielle Hintergrund, geben Dora Rückhalt und Stabilität. Dass sich daran etwas ändern könnte, liegt außerhalb ihrer Vorstellungskraft. Deshalb ist es kein Wunder, dass Dora den beginnenden Krieg zunächst als lästiges, aber doch harmloses Ärgernis ansieht. Dora wirkt von Anfang an sympathisch, aber noch naiv und unreif. Wenn man ihre behütete Kindheit bedenkt, wirkt sie gerade durch diese eher unreifen Eigenschaften sehr authentisch. Deshalb kann man sich ganz auf die Handlung einlassen und in die dramatische und aufwühlende Geschichte eintauchen. 

Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Handlungsorte und Protagonisten werden dabei so authentisch beschrieben, dass man die Szenen mühelos vor Augen hat. Dabei schwebt eine ganz besondere Atmosphäre zwischen den Zeilen, der man sich nur schwer entziehen kann. Schon früh entwickelt die Geschichte einen Sog, der mitreißt und dafür sorgt, dass man dem Geschehen gebannt folgt. Die Entwicklung, die Dora im Verlauf der Ereignisse durchläuft, wirkt dabei sehr glaubhaft. Denn das Schicksal stellt sie und ihre Familie vor einige Herausforderungen, die es unter dramatischen Umständen zu meistern gilt. Die Handlung ist durchgehend spannend und kaum vorhersehbar. Dadurch fliegt man förmlich durch die Seiten und genießt dabei jede einzelne. 

Eine mitreißende und eindringliche geschilderte Familiengeschichte, die berührt und zum Nachdenken und Erinnern anregt.