Rezension

Eindringliche Reise in eine verlorene Vergangenheit

Solange am Himmel Sterne stehen
von Kristin Harmel

Bewertet mit 4 Sternen

 

Inhalt

 

Ein Leben, das allmählich zu scheitern droht, eine schwere Krankheit, die nach und nach alle Erinnerungen auslöscht und eine geheime Vorgeschichte voller Schuld und unerfüllter Hoffnungen, das sind die Zutaten dieses Romans.

 

Hope McKennas Leben gleicht einem Scherbenhaufen: Frisch geschieden, mit einer zwölfjährigen Tochter, die sie hasst und der Aussicht darauf, die Bäckerei zu verlieren, die sich seit Generationen in Familienbesitz befindet. Überzeugt davon, auf ganzer Linie versagt zu haben, erträgt sie es nur schwer, dass ihre geliebte Großmutter an Alzheimer erkrankt ist und immer mehr in ihre eigene Welt des Vergessens abdriftet.
Doch dann überrascht ihre Mamie sie an einem ihrer klaren Tage mit einer ungewöhnlichen Bitte: Hope soll nach Paris fliegen und herausfinden, was aus einer bestimmten Familie geworden ist, von der die junge Frau noch nie etwas gehört hat.
Nur zögerlich kommt sie diesem Wunsch nach und ahnt dabei nicht, dass jene Reise in die Vergangenheit ihr eigenes Leben von Grund auf verändern wird.

 

Meinung

 

Solange am Himmel Sterne stehen beginnt nicht, wie es der Klappentext erwarten lässt, mit Rose, sondern ihrer Enkeltochter Hope, aus deren Sicht auch der Großteil der Geschichte erzählt ist. Die Story beider Frauen, die abwechselnd von ihren Erlebnissen berichten, berührt einen von der ersten Seite mit ihren Schuldgefühlen, Versagensängsten und dem täglichen Kampf darum, ihre Lebensumstände zu erhalten und gleichzeitig vor ihnen zu flüchten. Einerseits würde man gerne über Rose’ Geheimnisse Bescheid wissen, andererseits bangt man mit Hope, dass das ihre gesamte Welt infrage stellen könnte. Denn darum geht es wirklich in dem Roman: Um Selbstfindung und die Erkenntnis, was die wirklich wichtigen, erstrebenswerten Dinge sind, auch wenn man gar nicht mehr an sie glaubt. Der flüssige Schreibstil transportiert die richtige Prise Emotionen, die einen teils nachdenklich stimmen, teils aber genauso tief betroffen machen und aufwühlen. Und dabei ist es weniger Rose’ Krankheit, die einen mitnimmt, sondern eher die Begebenheiten, die sie als junge Frau nach Amerika getrieben haben.

 

Obwohl die Hintergründe zu jener Reise in die Vergangenheit bereits allgemein bekannt sind, schafft es Kristin Harmel, die Ereignisse dieser Zeit in einem von Nazis besetzten Paris so lebendig zu machen, wie es ein Geschichtsbuch selten vermag. Man erfährt dabei einiges Neues und Interessantes über den aktiven und passiven Widerstand damals und die beschriebenen Einzelschicksale bringen einem das Grauen noch näher, manchmal sogar zu Herzen gehend nah.
Aufgelockert werden diese ernsten Themen durch ein besonderes Highlight des Buches. Zwischen den einzelnen Kapiteln die Rezepte sämtlicher namentlich genannter Köstlichkeiten angegeben, die Hope in ihrer Familienbäckerei anbietet. Mindestens bei ein paar von ihnen bekommt man sofort Lust, sie nachzubacken.
Leider rückt dabei Rose’ Alzheimerkrankheit etwas zu sehr ins Abseits. Gerade darüber hätte ich noch gerne wesentlich mehr gelesen. Auch wird an manchen Stellen mit Kitsch nicht gespart, was die jeweiligen Szenen teilweise unrealistisch macht und aufgesetzt wirken lässt.

 

Fazit

 

Solange am Himmel Sterne stehen ist Kristin Harmels erster Roman, der auf Deutsch erschienen ist. Mit einer Mischung aus Familiendrama, Liebesgeschichte und Vergangenheitsbewältigung präsentiert die Autorin einen nicht unbedingt kitschfreien, aber durch viele informative Einzelheiten unterhaltsamen Roman. Eine generationsübergreifende Story über das Glück, Selbstfindung und die Macht der Gefühle.
Wer Wohlfühlromane mit historischem Hintergrund liebt und sich von hin und wieder etwas Zuviel an Klischees nicht abschrecken lässt, für den ist das Buch genau das Richtige.