Rezension

Eindrucksvoll

Miroloi - Karen Köhler

Miroloi
von Karen Köhler

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Insel im Meer. Entfernt vom fortschrittlichen Festland. Das Dorf auf der Insel unterliegt seinen eigenen Gesetzen, bestimmt durch den Ältestenrat. Ein junges Mädchen wohnt in diesem Dorf fernab der Welt. Sie ist ein Findelkind und kennt weder Mutter noch Vater. Es ist bei ihrem Finder, dem Bethausvater aufgewachsen. Sie darf keinen Namen bekommen. Auch Besitz ist ihr untersagt. Das Mädchen ist aufgrund ihrer unbekannten Herkunft im Dorf nicht anerkannt. Sie wird beschimpft und gedemütigt, aber sie ist stark und sie kämpft. Sie hat nur wenige Vertraute, die zu ihr stehen. Den Frauen der Insel ist es verboten lesen und schreiben zu lernen. Männer dominieren das Dorf. Niemand darf die Dorfgemeinschaft verlassen. Dafür sorgen die Wächter. Wer versucht das Dorf und die Insel zu verlassen, wird hart bestraft. Das Mädchen hat es am eigenen Leib erfahren. So ist das Leben im Dorf auf der Insel seit ewigen Zeiten. Die Sehnsucht nach Freiheit und einem selbstbestimmten Leben treibt das Mädchen an. Doch was geschieht, wenn gerade die gehasste Außenseiterin beginnt, an diesen festgeschriebenen Gesetzen zu rütteln?

Karen Köhler hat mit ihrem Debütroman einen bewegenden und sehr aufwühlenden Roman erschaffen. Zuerst findet man dieses rückständige Dorf seltsam und aus der Zeit gefallen. Nach und nach kommt es einem in den Sinn, dass es auf dieser vermeintlich freien und aufgeklärten Welt wahrscheinlich noch sehr viele dieser „Dörfer“ gibt. Unterdrückung ist dort an der Tagesordnung. Als Legitimation dient wie so oft der Wille der Götter, der natürlich von Männern niedergeschrieben wird. Eine Weltordnung wie im Mittelalter, aktueller denn je.

Ein Waisenmädchen ohne Rechte, welches tagtäglich viel schlimmes erfährt, ist die starke Hauptfigur dieses Romans. Es ist bewundernswert, wie sie versucht im Kleinen ihre persönliche Freiheit zu leben. Manchmal musste ich mit dem Lesen aufhören, weil ich wütend wurde, weil ich nicht weiter lesen wollte, weil die Menschen im Dorf so ungerecht und hartherzig waren. Trotz dieser erschreckenden Dorfdiktatur, bewahrt sich die Geschichte immer den Funken Hoffnung.
Es ist ein Roman, der in einem außergewöhnlichen, zu Herzen gehenden Schreibstil verfasst ist. Dieser Debütroman steht zu Recht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.