Rezension

Eindrucksvoller Roman

Sprich mit mir
von T.C. Boyle

Tom Coraghessan Boyle ist bekannt für seine kritischen, stets akribisch recherchierten Romanthemen. In "Sprich mit mir" beschäftigt er sich mit einem Forschungsprojekt, das darauf hinausläuft, einen jungen Schimpansen wie ein menschliches Kind groß zu ziehen und ihm Sprache beizubringen. Sam lernt, sich mit Hilfe einer Gebärdensprache mit seinen menschlichen Bezugspersonen zu verständigen. Die Studentin Aimée, als Helferin in das Unternehmen eingebunden, entwickelt eine große Liebe und Fürsorge für Sam. Doch dann wird das Projekt aus wirtschaftlichen Erwägungen von Sams Besitzer Moncrief abgebrochen und Sam zurück in einen Käfig verbracht. Hier erwartet ihn, ebenso wie die anderen dort lebenden Menschenaffen, der Verkauf an ein Tierversuchslabor. Aimée will das nicht zulassen und schmiedet einen Plan  -  mit unabsehbaren Folgen.

Sehr effektiv beschreibt der Autor die einzelnen Situationen aus  unterschiedlichen Perspektiven, wechselweise aus der menschlichen und Sams. Und  Boyle geht über das Thema des möglichen Spracherwerbs noch hinaus. Er stellt nicht nur den moralischen Aspekt von Tierversuchen auf den Prüfstein, sondern wirft Fragen nach Sams Selbst-Bewusstsein auf, zeigt die Folgen seiner menschlichen Erziehung und den Widerstreit zwischen seinen Gefühlen und seiner Schimpansennatur. Worin besteht die Grenze zwischen Mensch und Tier? Ist es vertretbar, dass Menschen sich so anmaßend und überheblich der Natur gegenüber verhalten? Auch, wenn er es nicht ausdrücklich ausspricht: Boyle fordert Respekt vor allen Lebewesen. Schon für Charles Darwin war klar: „Die Tiere empfinden wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Unglück; sie werden durch dieselben Gemütsbewegungen betroffen wie wir.“