Rezension

eindrückliches, aber nicht ganz einfaches Buch

Dornenherz - Jutta Wilke

Dornenherz
von Jutta Wilke

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das grosse Thema in "Dornenherz" ist der Umgang mit Trauer und Schuldgefühlen. Vor einem Jahr ist Annas Schwester bei einem Unfall ums Leben gekommen und sie kommt nicht darüber hinweg. Sie ist gefangen in ihrer Trauer, fühlt sich schuldig und möchte darum ihren Eltern die verlorene Tochter ersetzen und ist sogar mit Ruths damaligen Freund zusammen. Diese Ausgangslage gepaart mit einer beklemmenden Atmosphäre machte es mir nicht immer einfach, den Zugang zur Geschichte zu finden. Doch Jutta Wilke hat es geschafft, diese schwierige Situation verständlich zu schildern, so dass ich Annas Handeln doch zu einem grossen Teil nachvollziehen konnte.

Ein Jahr nach dem tragischen Unfall, entdeckt Anna eine alte Leidenschaft wieder: das Malen. So haben mir die Szenen auf dem Friedhof am besten gefallen, in denen sie sich durch das Malen, durch die dort gefundene Engelsstatue und durch Phil, den sie dort kennenlernt, Stück für Stück wieder findet.
Das Kennenlernen der beiden ist sehr minimal gehalten. Gerade für ein Jugendbuch hätte ich mir da doch noch etwas mehr gewünscht.

Das Hauptaugenmerk dieses Buches liegt ganz klar im emotionalen Bereich. Sei das nun bei der erstarrten Familiensituation, in der sich wohl kaum jemand wohl und geborgen fühlen würde, bei Annas Gesprächen mit Leon und Phil, aber vor allem auch mit dem tiefen Einblick in Annas Inneres. Dadurch dass Jutta Wilke ihre Protagonistin in der ich-Form erzählen lässt, bekommen wir ihre Gefühle und Gedanken hautnah mit. Es ist sehr spannend, Annas inneren Konflikt, was sie fühlen darf, soll, will und dann vor allem aber auch ihre Entwicklung mitzuverfolgen.

Es gibt jedoch noch einen zweien Handlungsstrang, der in der Vergangenheit spielt. Es wird einem zwar relativ schnell klar, dass es zwischen Gegenwart und Vergangenheit Parallelen gibt, doch ich muss zugeben, dass mich diese kurzen Sequenzen Johanna und Philipp nicht wirklich faszinieren konnten. Immer wieder habe ich überlegt, wozu diese in die eigentliche Geschichte eingewoben wurden, doch ganz schlüssig, bin ich mir bis ganz am Ende nicht geworden.

"Dornenherz" ist ein sehr ruhiges, melancholisches, fast schon beklemmendes Buch, das sich für mich zwischenzeitlich etwas zog. Gegen das Ende hin konnte mich die Story dann aber immer mehr packen und viele Fragen und unverständliche Gefühle wurden aufgeklärt.

Ein grosses Plus ist auch die tolle Optik und ich finde es sehr toll, dass sich die Rose durch das ganze Buch zieht. So ziert sie das Cover, Anna findet durch den Rosenengel zu sich selber und immer wieder stossen wir im Buch auf Rosengedichte, die uns von Kapitel zu Kapitel geleiten.

Fazit:
"Dornenherz" ist eine eindrückliche, aber nicht ganz einfache Geschichte über den Umgang mit Trauer, Schuldgefühlen und den Weg zu sich selber.
Melancholisch und zum Teil beklemmend erzählt Jutta Wilke zwei Geschichten - eine im 19. Jahrhundert und eine heute - die immer mehr ineinander verwoben werden und Fragen aufwerfen.