Rezension

Eine abenteuerliche und berührende Geschichte

Daniel is different - Wesley King

Daniel is different
von Wesley King

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Daniel ist eigentlich ein ganz normaler Junge. Er mag kein Football, liebt es Geschichten zu schreiben und findet Mathe richtig doof. Er hat einen besten Freund, mit dem er seine Pausen in der Schule verbringt und ist ein wenig in Raya, ein Mädchen aus seiner Klasse, verliebt. Doch Daniel belastet etwas: Zwangsstörungen und deren Symptome.
In den ungünstigsten Momenten überkommt ihn der Drang einen Lichtschalter drücken zu müssen, um ein drohendes Unheil abzuwehren. Am Abend muss er ein langes Ritual durchführen, damit er sich sicher sein kann, am nächsten Morgen wieder aufzuwachen. Diese Last liegt schwer auf seinen Schultern. Er fühlt sich oft sehr einsam. Doch an einem Tag verändert sich sein Leben schlagartig. Es passiert in dem Moment, als er auf dem Schulflur der Außenseiterin Sara begegnet. Einem Mädchen, dass mit niemandem spricht. Bis zu diesem einem Moment ...

Zum Hintergrund:
Daniel liebt es Geschichten zu schreiben, er mag Football überhaupt nicht und er hasst Zahlen. Gut, mag man im ersten Moment denken, jeder hat Vorlieben und Schwächen. Doch bei Daniel ist das ein wenig anders. Im Schulfach Mathematik machen ihm die Zahlen das Leben schwer. Er kann eine Vier oder eine Neun weder niederschreiben noch sie aussprechen. Danach, so ist er sich sicher, wird etwas ganz Schlimmes passieren. Jeden Abend, wenn Daniel zu Bett geht oder an Tagen, an denen ihn etwas sehr belastet, muss er ein Ritual durchführen. Das Abendritual ist festgelegt. Am Tage kann es aus einzelnen Handlungen bestehen, wie zum Beispiel den Lichtschalter einmal oder fünf Mal drücken. Danach stellt sich, wenn alles gut geht, ein besseres Gefühl ein. Wenn dem nicht so ist oder wenn Daniel sich verzählt hat, dann muss er erneut mit dem jeweiligen Ritual beginnen. So lange, bis alles wieder in Ordnung erscheint. Für diesen Drang etwas zu verändern hat Daniel auch einen Namen: Zaps.
Manchmal gelingt es Daniel die Zaps zeitweilig zu vergessen. Das passiert, wenn er an einer Geschichte schreibt. Football hingegen ist eher kontraproduktiv. Denn die Zaps werden oft durch Ängste ausgelöst und Daniel weiß, dass er eigentlich viel besser auf der Ersatzbank aufgehoben ist, wo er in Ruhe die Trinkbecher seiner Mitspieler in einer ordentlichen Reihe aufstellen kann.
Daniel fühlt sich mit seinem Problem alleine. Zwar hat er einen besten Freund und liebevolle Eltern, ja sogar eine Schwester, die ähnlich wie er eher eine Außenseiterin ist und der er sehr nahe steht, doch keiner dieser Bezugspersonen weiß etwas von der Last, die Daniel jeden Tag mit sich trägt.
Daniel ist ein Charakter, der ein großes Herz hat. Er ist auch sehr intelligent und in Wirklichkeit gar nicht so unbeliebt. Sogar das Mädchen, das er ganz süß findet, geht auf ihn zu. Doch Daniel hat ein sehr schlechtes Selbstwertgefühl. Er hat viele Ängste und sieht sich gerade bei der größten Leidenschaft seines besten Freundes und auch seines Vaters, dem Football, ständig scheitern. Der Leistungsdruck, der durch die Wünsche seiner engsten Vertrauten entsteht, macht es nicht besser.
Eines Tages passiert etwas Merkwürdiges. Daniel erhascht einen Blick von einem Mädchen namens Sara, die ihn aus heiterem Himmel grüßt. Eigentlich nichts besonderes, doch „Psycho-Sara“ ist dafür bekannt mit niemandem zu sprechen. Ihr glasiger Blick schaut durch andere Menschen hindurch. Sie erhält separaten Unterricht und wird, selbst in den Pausen, von einer Aufsichtsperson begleitet. Dieser eine Moment soll Daniels Leben nachhaltig verändern, denn dieser Moment ist der Beginn eines großen Abenteuers ...

Eigene Meinung:
Wesley King hat mit Daniel is different einen Roman geschrieben, der berührt. Daniel ist ein Protagonist mit Ecken und Kanten. Er ist aufgeschlossen und denkt viel nach und dennoch ist er ein Außenseiter. Ein Außenseiter, den der Leser jedoch bald ins Herz schließen wird. Mit Sara erschafft er eine Figur, die Daniel in einigen Punkten ähnlich ist. Auch sie ist eine Außenseiterin, doch zugleich ist Sara ein sehr starker Charakter, jemand, der genau weiß, was er will. Die weiteren Nebencharaktere überzeugen mit ihren Eigenheiten. Jeden davon wird man im Laufe des Romans auf seine Art mögen. Da gibt es zum Beispiel Emma, die kleine Schwester von Daniel, die stets mit einem Buch unter dem Arm unterwegs ist und die mehr in ihrer Fantasiewelt, als in der Realität lebt oder Steve, den großen Bruder, der gerne PC spielt und so cool und damit auch sehr schwer greifbar für Daniel wirkt. Oder Max, Daniels besten Freund, der immer an Daniels Seite steht, aber einfach an nichts anderes als Football denken kann.
Sehr gut nachvollziehbar hat der Autor die „Zaps“ seines Protagonisten dargestellt. Als Leser spürt man über die Seiten hinweg, die Last, die auf Daniel liegt, man begreift, dass es manchmal für ihn keine andere Möglichkeit gibt, als sich seinen Ritualen zu stellen. Die gelungene Umsetzung dieses Themas ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass Wesley King selbst bis zum Alter von dreißig Jahren durch Zwangshandlungen beeinflusst wurde. Im Nachwort spricht er das Thema noch einmal an, macht Betroffenen Mut und gibt ihnen ein paar Tipps an die Hand.
Daniels selbstgeschriebene Geschichte wird in diesem Roman parallel aufgeführt. Sie steht jedoch in Verbindung zum Hauptplot und überlagert die Haupthandlung nicht. Vielmehr zeigt sie, wie Daniel seine Ängste verarbeitet.

Fazit:
Daniel is different ist eine Geschichte über einen Jungen, dessen Leben durch Zwangshandlungen stark beeinträchtigt wird. Es wird nicht erklärt oder psychologisiert, sondern einfach nur erzählt.
Es ist eine Geschichte über Außenseiter und einen Protagonisten mit Ängsten und einem geringen Selbstwertgefühl.
Wesley Kings Worte machen auch Mut. Der Autor motiviert sich seinen Ängsten zu stellen, nicht aufzugeben und zugleich einen Blick hinter die Fassade der Menschen zu werfen, die auf den ersten Blick „anders“ erscheinen.
Daniel is different ist eine abenteuerliche und zugleich sehr bewegende Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Die liebevoll gestalteten Charaktere wird der Leser ins Herz schließen müssen. Das Thema Zwangshandlungen wurde hier nachvollziehbar behandelt.
Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung an Leser gleich welcher Altersstufe.

Buchzitate:
Ich hatte bloß einen Zap, dieses Mal mit dem Lichtschalter im Bad. Lichtschalter machen mich echt fertig – keine Ahnung warum.

Ich liebe Wörter sowieso. Ihre Bedeutung ist zwar festgelegt, lässt sich aber variieren, je nachdem, wie oder von wem sie benutzt werden.

„Sternenkind“, flüsterte sie. „Man zahlt einen Preis dafür, besonders zu sein.“

Ich weiß nicht, ob ich das Konzept Schicksal sympathisch finde. Es schließt aus, dass man eine Wahl hat.