Rezension

Eine aberwitzige, rasante und unterhaltsame Gesellschaftssatire

Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin - Thomas Meyer

Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin
von Thomas Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

Eine trotz bitterbösen Humors und ernster Themen wohltuende Gesellschaftssatire

Im diesem zweiten Buch um Motti Wolkenbruch wird er wegen einer früheren Affäre mit einer Nichtjüdin von seiner Familie geschmäht. Während er sich noch trübsinnig bedauert, bietet ihm ein Unbekannter ein Leben in einem Kibbuz an. Dort trifft er auf eine kleine Gruppe von Außenseitern, die die jüdische Weltherrschaft zum Ziel erkoren haben.

In einem weiteren Erzählstrang begleiten wir den Rückzug einer Wehrmachtsgruppe zum Ende des zweiten Weltkriegs in ein unterirdisches Katakombenlabyrinth. Dort verbringt sie die nächsten Jahrzehnte und hätschelt ihren Traum vom Endsieg. 

Thomas Meyers Humor, der nur so aus den Seiten tropft, ist bitterböse, derb und wunderbar unkorrekt. Zunächst erscheint so manches wie aus einer anderen Welt, nach und nach findet man sich aber im Hier und Jetzt wieder und muss erkennen, während das Lachen nicht genau weiß, ob es herausplatzen oder im Hals stecken bleiben soll, dass es aktueller kaum geht. Die Methoden, derer sich die Kontrahenten bedienen, sind originell, abstrus und teilweise sehr witzig. Ungewöhnliche Vermarktungsstrategien, eine spezielle Gesäßverletzung, neogermanische Erziehungsmethoden - die Liste der skurrilen Einfälle scheint endlos. Doch spätestens, als die sozialen Medien zum Einsatz kommen, wird klar, dass der Ideenreichtum Meyers sich an der Realität bedient. 

Dass die Satire die Wirklichkeit nicht erreichen kann, beweist das Nachwort. Aber sie kann den vergangenen und gegenwärtigen Gesellschaftsirrsinn derart zugespitzt darstellen, dass sich der Blick fokussiert und neben dem hohen Unterhaltungswert ganz beiläufig Erkenntnisse das Lesevergnügen bereichern. 

Die Botschaft ist klar. Durch die Darstellung verhärteter Positionen und deren Konfrontation wird sich die Welt nicht verbessern. Motti Wolkenbruch ahnt das von Beginn an, andere müssen es lernen. Und welcher Leser möchte sich hier nicht gerne mitnehmen lassen!