Rezension

Eine alleinstehende Frau sucht ihren Weg

Violet - Tracy Chevalier

Violet
von Tracy Chevalier

Bewertet mit 4 Sternen

Violet ist schon 38, und damit schon längst eine alte Jungfer. Es ist das Jahr 1932, und die Folgen des großen Krieges sind immer noch zu spüren. Viele Männer sind im Krieg gefallen, unter anderem auch Violets Bruder und ihr Verlobter. Durch den Männermangel bleiben viele Frauen allein, ein trostloses Leben in der damaligen Zeit.

In den 30er Jahren gibt es wenig Hoffnung für eine alleinstehende Frau. Als Berufstätige verdient sie nur wenig, und im Notfall hat sie immer für ihre Familie da zu sein. Im Alter ist sie nicht abgesichert, und muss ihrer Familie zur Last fallen.

Es kostet Violet viel Mut, aber sie wagt es ein selbstständiges Leben zu führen. Da es sie schier erdrückt mit ihrer stets unzufriedenen, nörgelnden Mutter zusammenzuleben, wechselt sie ihre Arbeitsstelle und zieht in eine nahgelegene Stadt. Nachdem sie die Miete für ihr karges Zimmer gezahlt hat, bleibt kaum etwas von ihrem mageren Gehalt übrig, aber diesen Preis zahlt sie gerne für ihre neugewonnene Freiheit.

Die wunderschön bestickten Kissen in der Kathedrale der Stadt faszinieren sie. Sie will nichts lieber als eigene Kissen beizusteuern, also schließt sie sich den fleißigen Stickerinnen an. Jede freie Minute widmet sie sich diesem Hobby. In der Kathedrale erfährt sie auch mehr über die Arbeit der Glöckner. Im Glockenturm findet sie den Ort, an dem sie sich wirklich wohl fühlt, doch leider ist sie als Frau dort nicht gern gesehen. Und dann gibt es da noch jemand, bei dem ihr Herz schneller schlägt, doch kann aus dieser Liebe nie etwas werden.

Obwohl die Protagonistin dieses Buchs eine erwachsene Frau ist, ähnelt dieses Buch ein „coming of age“ Buch, ein Entwicklungsroman. Violet kämpft darum ein selbstständiges Leben führen zu können, und sich aus dem grauen Alltag einer alleinstehenden Frau zu erheben.

Das Tempo dieses Romans ist langsam. Stellenweise sind die Beschreibungen langatmig, vor allem wenn es um die Stickerei, Violets Wanderung und um das Glockenspiel geht. Es gibt durchaus spannende Stellen, doch besteht die Spannung eher in der Entwicklung von Violets Charakter.

Fazit: Ein aufschlussreicher Blick in das Leben einer Frau in den frühen dreißiger Jahren. Mit seinem langsamen Tempo braucht der Leser Geduld für dieses Buch, aber es gibt einen guten Eindruck von den Problemen und Gefühlen der Frauen dieser Zeit. Manche Charaktere sind so eigen, dass sie dem Leser schnell ans Herz wachsen. Empfehlenswert für Liebhaber von historischen Romanen.