Rezension

Eine andere Art von Kettenbrief

Nur einen Horizont entfernt
von Lori Nelson Spielman

Bewertet mit 4 Sternen

Nach “Morgen kommt ein neuer Himmel“ legt Lori Nelson Spielman mit “Nur einen Horizont entfernt“  ihren zweiten Roman vor, auf den ihre Leserinnen schon sehr gespannt waren. 
Die zentrale Figur ihres neuen  Romans ist die erfolgreiche Fernseh-Moderatorin Hannah Farr, die es inzwischen zu einer eigenen Sendung im Abendprogramm gebracht hat. Es geht ihr gut, aber sie ist nicht wirklich glücklich. Sie liebt Michael, einen ehrgeizigen Politiker, der es aber nicht sonderlich eilig hat, sie zu heiraten und mit ihr eine Familie zu gründen, was sie sich sehnlichst wünscht. Seine Karriere und seine unsympathische Tochter Abby aus erster Ehe sind ihm offensichtlich wichtiger. In der Vergangenheit war sie mit Jackson verlobt, mit dessen Mutter Dorothy sie eine enge Freundschaft verbindet. Zu ihrer eigenen Mutter hat sie seit zwanzig Jahren keinen Kontakt mehr – seit  einem schlimmen  Vorfall, der stattgefunden hat oder auch nicht. Auf jeden Fall hat dieses Ereignis auch die neue Familie ihrer Mutter zerstört, und das war Hannahs Schuld. 
Eines Tages erhält sie einen Brief von ihrer ehemaligen Klassenkameradin Fiona Knowles, die sie damals gemobbt hat und nun um Verzeihung bittet. Sie schickt in einem Beutel zwei Steine mit. Zum Zeichen, dass sie ihr verzeiht, soll Hannah  einen zurücksenden. Den zweiten soll sie jemandem schicken, den sie selbst um Verzeihung bittet. Sie lässt die Sache zwei Jahre ruhen, bis sie die Idee für eine Sendung verwenden will. So kommt der Stein buchstäblich ins Rollen. 
Im Sender kämpft sie auf verlorenem Posten gegen eine intrigante neue Kollegin, die ihren Job will und vor Lügen und Verrat nicht zurückschreckt. In die Enge getrieben nimmt Hannah gegen den Rat ihres Freundes Kontakt zu ihrer Mutter auf und rührt dabei an verdrängte Dinge aus der Vergangenheit, die das Leben aller Beteiligten völlig durcheinander bringen, vor allem ihr eigenes. Es gibt viele Komplikationen in der Handlung, wobei einige der Wendungen vor allem zum Ende hin absehbar sind. In einem zentralen Punkt gibt es allerdings keine Gewissheit. Mit dieser Unsicherheit müssen Hannah und der Leser leben.  
Spielman erzählt eine gut lesbare Geschichte von Schuld und Reue, von menschlichen Schwächen und der Bedeutung von Vergebung. Das ist teilweise sehr berührend. Gut gefällt mir auch die Idee der Versöhnungssteine. Steine sind alt wie die Erde und haben eine symbolische Bedeutung: sie können Brücken bauen, aber auch Mauern zwischen den Menschen errichten. “Nur einen Horizont entfernt“  ist  ein schöner Roman vor allem für ein weibliches Lesepublikum.