Rezension

eine bedrückende Welt mit Gewalt und Brutalität gegen Schwächere

Das Feuerzeichen - Francesca Haig

Das Feuerzeichen
von Francesca Haig

Zitat:
„Es wurden immer ein Junge und ein Mädchen geboren, und jeweils ein Teil des Pärchens war perfekt. Nicht nur wohlgeformt, sondern auch stark, robust und gesund.“
(S.20)

Inhalt:
Nach der großen Explosion nahm die Entwicklung ihren Lauf. Es gab Überlebende. Doch das Leben meinte es nicht gut mit ihnen. Nach einer Zeit, in der nahezu Unfruchtbarkeit herrschte, wurden anschließend schicksalhaft ausschließlich Zwillinge geboren. Und nur einem davon war es vergönnt, ein angenehmes Leben zu führen. Denn der andere hatte auf jeden Fall einen Makel und wurde weggeschickt. Manchmal war dieser Fehler nicht offensichtlich. Und das waren die Fälle, denen sowohl Alphas als auch Omegas Misstrauen schenkten. 
Früher oder später konnte man die Gabe nicht mehr verstecken. Doch insgesamt blieben die Zwillinge immer verbunden. Auf Leben und Tod vereint. Freund und Feind in einem.

Meinung:
„Das Feuerzeichen“ war allein aufgrund der Inhaltsangaben für mich ziemlich interessant. So eine Geschichte konnte ich mir nicht entgehen lassen. Begierig habe ich dem Zeitpunkt entgegengefiebert, an dem das Buch endlich bei mir eintreffen würde. Nun war es so weit und ich schlug die Seiten auf.

Kaum hatte ich das Buch aufgeschlagen, wurde ich in eine Welt geworfen, die mir natürlich vorerst sehr fremd war, doch ich war fasziniert. Neugierig geworden blätterte ich durch die folgenden Seiten.

Und so lernte ich die Welt besser kennen. Die Ereignisse nach der Explosion hatten sich überschlagen. Wenn überhaupt wurden nur noch Zwillinge geboren. Die Verbindung zwischen ihnen war fest und unheilvoll. Denn wenn einem von beiden etwas zustieß, war auch der andere unmittelbar betroffen. Dazu kommt, dass einer der Zwillinge immer einen offensichtlichen Defekt aufwies. Bis auf wenige Ausnahmen. Unterteilt in die herrschenden Alphas und die minderwertigen Omegas waren die Seher unter den nicht Privilegierten die mit den stärksten Eigenschaften, gefürchtet von den Alphas. Denn sie hatten keine physischen Einschränkungen, ihre Stärken lagen im Geist und ihrer Voraussicht, die „Einschränkung“ war nicht sofort erkennbar. Und genau das macht diese Omegas so unberechenbar. Eine Splittung der Zwillinge war damit nicht sofort möglich.

Cassandra ist eine Seherin. Gemeinsam mit ihrem Zwilling Zach wächst sie jahrelang in ihrem Elternhaus auf. Niemandem ist es möglich, die Splittung zu vollziehen. Denn Cassandra ist wachsam, sie verrät sich durch nichts. Auch wenn sie weiß, dass ihr Zwillingsbruder leidet, Cassandra will nicht wie die anderen Omegas fortgeschickt werden. Natürlich lässt sich ihre Störung irgendwann nicht mehr verheimlichen. Denn Zach brennt darauf, endlich das Leben zu führen, das ihm zusteht. Cassandra hat keine Chance und ergibt sich in ihr Schicksal.

Ich erlebte Francesca Haigs Geschichte aus Cassandras konsequenter Ich-Perspektive in Vergangenheitsform. Ihre Emotionen und Gedanken spürte ich damit unmittelbar, war immer nah am Geschehen. Zu Beginn war Cassandra zwiegespalten. Auf der einen Seite fühlte sie ihre Gabe, die sie jedoch verstecken musste, um nicht von ihrer Familie getrennt zu werden. Andererseits möchte Cassandra nicht, dass ihr Bruder leidet. Denn nur nach der Splittung eines Geschwisterpaares ist es dem Alphateil möglich, am Leben der Gemeinschaft teilzunehmen. Doch bis dahin wurden sowohl Cassandra als auch Zach als Aussätzige behandelt. Bis Zach seiner Schwester eine Falle stellt und damit ihre Gabe offenbart.

Ich muss gestehen, dass sich für mich nach einem wirklich guten Einstieg der erste Teil der Geschichte doch etwas in die Länge zog. Natürlich war dieser Teil dem Geschehen und Empfinden Cassandras durchaus angepasst. Die Aussichtslosigkeit ihrer Lage war für mich auch deutlich spürbar. Dennoch bin ich hier nicht wirklich vorangekommen. Dass aus der Handlung heraus auch nur wenige Dialoge entstehen können, war für mich nachvollziehbar, aber dennoch etwas mühsam für den Fortschritt. Aber ich bin froh, dass ich nicht aufgegeben habe, denn urplötzlich ging der Spannungspegel deutlich nach oben.

Von nun an konnte ich mich kaum noch von der Geschichte lösen. Die Ereignisse überschlugen sich zeitweise und der Lesesog entfaltete sich. Immer auch an das Schicksal von Zach gebunden, der mittlerweile eine enorme Entwicklung in der Alphawelt vollzogen hat, gerät Cassandra in diverse Gefahrensituationen, hat nun jedoch Hilfe an ihrer Seite. Auch wenn gerade bei Zwillingsgeschwistern sicherlich eine stärkere Bindung vorhanden sein muss, waren manche Entscheidungen Cassandras in diesem Zusammenhang für mich teilweise an der Grenze des Verständnisses. Dennoch war es allerdings auch genau dieses Handeln, was die Geschichte vorangebracht hat.

Francesca Haig zeichnet eine Welt, in der Unterdrückung und Gewalt herrschen, in der Menschen in Kategorien eingeteilt werden und die Schwachen ums Überleben kämpfen müssen. Gerade Geschwister, die sich von Natur aus schon sehr nahe stehen, werden zu erbitterten Feinden. Und doch darf eine gewisse Grenze nicht überschritten werden. Denn das Band zwischen den Geschwistern entscheidet über Leben und Tod. Die Autorin stellt diese Situation glaubhaft dar, der Schreibstil ist angenehm und flüssig.

Die Charaktere waren für mich vorstellbar beschrieben. Cassandra selbst hatte meine sämtlichen Sympathien. Die Protagonistin hat klare Vorstellungen zu ihren Zielen und weiß immer besser mit ihrer Fähigkeit umzugehen. Durch das eine oder andere Ereignis wird auch Cassandra erschüttert. Doch sie kann Niederlagen wegstecken, auch wenn das Leid schier unerträglich wird.

Nach einem Showdown, der Cassandra noch wichtige Entscheidungen abringt, bringt Francesca Haig ihre Geschichte vorerst beruhigt zu einem befriedigenden Ende, das mich nun jedoch neugierig auf die Fortsetzung warten lässt. Denn diese werde ich definitiv lesen.

Urteil:
„Das Feuerzeichen“ vermittelte mir eine bedrückende Welt mit Gewalt und Brutalität gegen Schwächere, in der ein Hoffnungsfunke dennoch immer vorhanden ist. Meine Leseeindrücke für die Zeit lange nach der großen Explosion belohne ich mit 4 Büchern.

Für alle, die sich von gewaltsamen Rückschlägen nicht abschrecken lassen, dabei stets ihren eigenen Willen behalten und bei Leid und Kummer dennoch nicht ans Aufgeben denken.

Die Reihe:
1. Das Feuerzeichen
2. Das Feuerzeichen: Rebellion
3. Das Feuerzeichen: Rückkehr

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