Rezension

Eine beeindruckende Protagonistin mit einem tragischen Familienschicksal

Die Marschallin - Zora del Buono

Die Marschallin
von Zora del Buono

Bewertet mit 4 Sternen

Wer etwas bewandert ist in der Ideologie des Kommunismus, vor allem seiner Ausgestaltung in Italien und dem ehemaligen Jugoslawien in der Zeitspanne zwischen Ende des Ersten Weltkriegs und Ende der 1940er Jahre, sowie dem Faschismus unter Mussolini, dem fällt es sicherlich leichter, diesen anspruchsvollen, biografischen Roman zu lesen. Alle anderen – wie auch ich – sollten während der Lektüre des besseren Verständnisses wegen den ein oder anderen Namen oder Ereignis „googeln“. Für alle Leser erschließt sich aber sehr schnell, das die slowenische Protagonistin Zora Del Buono (die Großmutter der Autorin) eine ganz besondere, zutiefst beeindruckende Person ist – mit ihrem süditalienischen Ehemann, einem renommierten Radiologen, ein feudales, großbürgerliches Leben in Italien führend und dennoch völlig dem Kommunismus verhaftet, mit Marschall Tito als großem Vorbild. Bezeichnend ist für Zora, dass sie eigensinnig ist und in ihrer verzweigten Familie das Regime führt  und über Ehemann, Söhne, Brüder, Schwiegertöchter „herrscht“, weshalb sie die Marschallin genannt wird. Die manchmal anekdotenähnlichen familiären Ereignisse habe ich am liebsten gelesen, ebenso wie den erst auf S. 317 beginnenden zweiten Hauptteil, in dem Zora in der Gegenwart im Jahr 1980 in ihren Achtzigern verarmt und körperlich angeschlagen in einem jugoslawischen Altenheim lebt und ihr Schicksal sowie das ihrer Familie resümiert. Der erste Hauptteil umfasst die Jahre 1919 bis 1948 und spielt jeweils mit einigen Jahren Abstand an wechselnden Orten in Italien und Jugoslawien, aus der Perspektive unterschiedlicher Personen dargestellt. Hier geht es eigentlich immer um kleinere Szenen, die gerade so viel offen legen, dass sich die großen Zusammenhänge dennoch erschließen.

Ein wirklich lesenswertes Buch.