Rezension

Eine dicke Empfehlung daher für alle Leser, bei denen die Romane nicht vor Action und rasanter Handlung strotzen müssen

Das Erwachen der Senorita Prim - Natalia Sanmartin Fenollera

Das Erwachen der Senorita Prim
von Natalia Sanmartín Fenollera

Schon das Cover hat mich in den Bann dieses Romans gezogen, dazu Titel, Inhaltsangabe und Leseprobe und ich konnte nicht widerstehen. Das ganze Buch ist irgendwie anders, es strahlt etwas zeitloses und gleichzeitig irgendwie retro-mäßiges aus.

Dazu kommt der Name der Protagonistin: Señorita Prudencia Prim. Prudencia bedeutet auf Spanisch in etwa so viel wie Vorsicht, Besonnenheit und prim ist Englisch für affektiert, formell, prüde oder geziert. Und genau so ist Señorita Prim auch, als sie in San Ireneo de Arnois ankommt, völlig unwissend, was sie dort erwarten wird, dabei ist schon bei der Stellenanzeige, die sie dort hingebracht hat, klar, dass es in diesem Dorf anders zugeht:

Gesucht wird ein weibliches Wesen, dessen Geist sich die Unabhängigkeit von der Welt bewahrt hat und das sich in der Lage sieht, einem höflichen Mann und seinen Büchern als Bibliothekarin zur Seite zu stehen. Besondere Fähigkeiten im Umgang mit Hunden und Kindern sehr willkommen. Arbeitserfahrung nicht erforderlich. Akademikerinnen und Inhaberinnen sonstiger beruflicher Titel unerwünscht.

Das Erwachen der Señorita Prim, S. 11

In San Ireneo de Arnois, einem kleinen spanischen Dorf, gehen die Uhren noch ganz anders. Und genau hier hin verschlägt es die junge und hochgebildete Señorita Prim auf ihrer Flucht vor der Hektik des Alltags, obwohl sie mit ihren diversen akademischen Abschlüssen überhaupt nicht ins Profil der Anzeige passt.

Das Verhalten der Dorfbewohner stößt bei Señorita Prim erst einmal an vielen Stellen auf großen Unverständnis, passt es doch so gar nicht zu ihren modernen, durch fleißiges akademisches Studium geformten Meinungen und Ansichten. Schnell wird klar, dass die junge Frau so einige persönliche Einstellungen wird überdenken müssen, wenn sie ihre Stelle behalten will.

“Das Erwachen der Señorita Prim” von Natalia Sanmartin Fenollera ist ein sehr ruhiger Roman, genau so wie auch die Bewohner von San Ireneo. Es geht mehr um die Atmosphäre denn die Geschichte, inhaltlich passiert so nur mäßig viel, was mich aber, wider Erwarten, gar nicht gestört hat.

Genau so wenig wie der ungewöhnliche Schreibstil, der irgendwie ein wenig hölzern und recht formell ist, genau so also, wie die Señorita selbst. Er unterstützt lediglich den Eindruck, dass San Ireneo ein Ort ist, der irgendwie abseits von Raum und Zeit, losgelöst von unserer modernen Welt zu existieren scheint.

In den Dialogen, Diskussionen und Streitgesprächen zwischen der Señorita und den Dorfbewohnern, ihrem Arbeitgeber und den Kindern geht es um Werte und Ideale, um Kunst und natürlich auch um Literatur. Vor allem aber geht es um das Leben, um die kleinen Dinge im Leben, um wahre Schönheit, darum, mit wachem Blick und einem Auge fürs Detail durch die Welt zu gehen.

Ein wunderschönes Buch, stellenweise recht philosophisch ohne dabei aber allzu schwere Kost zu sein, das an sich zwar sehr ruhig ist, hin und wieder auch ziemlich romantisch (hier und da vielleicht sogar fast kitschig), mir im großen Ganzen aber ausgesprochen gut gefallen hat!

Eine dicke Empfehlung daher für Natalia Sanmartin Fenolleras “Das Erwachen der Señorita Prim” für alle Leser, bei denen die Romane nicht vor Action und rasanter Handlung strotzen müssen, sondern die auch gerne mal ruhigere, nachdenklichere Kost lesen.