Rezension

Eine Dystopie besonderer Art.

Land ohne Lilien - Geraubt - Lauren DeStefano

Land ohne Lilien - Geraubt
von Lauren DeStefano

Freiheit war für Rhine schon immer das höchste Gut, auch wenn sie und ihr Bruder sonst nicht viel besaßen und sich vor Einbrechern und Bettlern in Acht geben mussten. Nachdem Rhine jedoch von einer Gruppe Männer entführt und verkauft wurde, fristet sie als eine von drei Ehefrauen an der Seite eines reichen jungen Mannes namens Linden ihr Dasein. Doch trotz dem Luxus, der ihr zur Verfügung steht, denkt Rhine nur an eines: die Flucht. Denn Lindens Vater, welcher der ersten Generation angehört und nicht von der Krankheit, mit fünfundzwanzig Jahren sterben zu müssen, anheim gefallen ist, erregt höchstes Misstrauen in ihr. Welche Untersuchungen führt er an der angeblich verbrannten Leiche der verstorbenen letzten Ehefrau seines Sohnes durch? Was geschieht in dem geheimen Keller, zu dem niemand außer dem Forscherteam zutritt hat? Und welche Macht verbirgt sich tatsächlich hinter den Gedanken und Handlungen des Vaughns? Rhine ist sich sicher: Sie muss so schnell wie möglich diesem unbehaglichen Ort in die Freiheit entfliehen. Obgleich jedoch alles unmöglich erscheint, erhält sie Verstärkung durch ihren Bediensteten, Gabriel, zu dem sie eine starke Bindung zu pflegen hegt und für den sie zu riskieren fast alles bereit wäre. Und sie weiß, dass sie die Gunst Lindens erlangen muss, um ihr Ziel zu erreichen.

"Tötentöchter - Die dritte Generation" von Lauren DeStefano bietet eine Dystopie etwas anderer Art. Haupthandlungsort ist das große Anwesen Lindens und seines Vaters, welches während dem Verlauf der Ereignisse kaum verlassen wird. Durch einige Rückblenden Rhines' erfährt man vage Details aus der Welt außerhalb des Ortes, an welchem sie ihr trübes Dasein fristet. Sofort spürt der Leser eine kühle und distanzierte Umgebung, welche auf die Emotionen der Charaktere über zuspringen scheint. Schon zu Beginn merkt man deutlich, dass der Fokus der Geschichte auf der psychischen Ebene der Protagonisten verankert ist. Während die fortlaufenden Ereignisse aus der Perspektive Rhines dargestellt werden, erhält der Leser einen Einblick in die neue Welt, in der Krebs als Krankheit der Vergangenheit angehört, jedoch die Menschen der dritten Generation, zu der auch Rhine, Gabriel und Linden zählen, verfrüht in ihren besten Jahren sterben und wie die Fliegen dahinraffen. Dieser Umstand macht deutlich, dass eine verfrühte Heirat und eine hohe Geburtenrate unausweichlich sind, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Auf Kosten der Gefühle, und der Freiheit der Menschen, nimmt dieses Unterfangen einen Hauptbestandteil der Gesellschaft und der Politik innerhalb dieser Welt ein und wird als unausweichlich hingenommen. Leider erhält man wenig Hintergrundinformationen zur Thematik der Genmutaionen, sowie der Vergangenheit der Charaktere. Dies sorgt dafür, dass diese zwar nicht flach gezeichnet sind, den Figuren jedoch der Tiefgang deutlich fehlt. Zwar sind die Emotionen der Charaktere deutlich wahrnehmbar, werden für den Leser jedoch nicht greifbar, sodass man mit den Charakteren zwar sympathisiert, sich jedoch nicht völlig in die Gedanken und Gefühle der Protagonisten einlassen kann. Eine kühle Distanziertheit ist demnach die Folge, und diese begleitet den Leser auch mit fortschreitender Seitenzahl durch den Handlungsverlauf.

Die Einschränkung des Handlungsortes sorgt, trotz der relativ weiträumigen psychologischen Betrachtung der Figuren, für eine gewisse Monotonie innerhalb des Ereignisse, wodurch auch etwas langatmigere Stellen auftreten. Der ebenfalls kühle und distanzierte Schreibstil unterstreicht den vorher bereits genannten Eindruck noch einmal deutlich und auch die etwas zaghafte, nicht ganz ausgereifte Liebesgeschichte kann diese Stimmung der Monotonie nicht durchbrechen. Positiv zu benennen hierbei ist jedoch, dass die diese nicht den Fokus der Geschichte einnimmt, sondern nur als Rahmen und Schmankerl innerhalb der Handlung dient. Wichtig zu benennen ist auch der Umgang der Autorin mit Themen wie Liebe, Ehe und der Umgang mit den Menschen im Allgemeinen, welche sich doch sehr stark ausgeprägt in diesem Roman wiederfinden. Ein junges Mädchen, welches zur Ehe gezwungen wird, sich jedoch nur nach Freiheit sehnt. Ein anderes Mädchen, welche mit ihren zarten zwölf Jahren mit Freude die Schwangerschaft und die Austragung eines Kindes auf ihre selbst noch kindlichen Schultern nimmt. Und eine dritte Frau, die mit ihren gerademal neunzehn Jahren dem Ende ihres Daseins schon entgegen sieht, dem das Leben nichts mehr bedeutet. Die Authentizität letzter genannter Figur wankt zwar oftmals, da Stimmungsschwankungen nur all zu oft die Eindrücke des Lesers täuschen, jedoch steht jede dieser drei Ehefrauen für eine bestimmte Figur, ein anderes Schicksal und ein anderes Ziel - Freiheit, Normen -  und den Tod. 

Das klassifizierte "Böse" als solches dem Roman nicht zu entnehmen, obwohl Andeutungen seitens der Autorin und im Bezug auf Lindens Vater, Vaughn, gemacht werden. Außerdem bietet diese Dystopie eine interessante Idee, auch wenn diese mangels Detailarbeit und nur durch vage Andeutungen geschildert, und somit nicht greifbar wird. Dennoch muss man sagen, dass trotz einiger langatmiger Stellen durchgehend Spannung und Neugierde seitens des Lesers zum ständigen Weiterlesen anregen. Zum Ende des Romans hin schafft der Höhepunkt der Handlung es zwar, den Leser doch noch hoffnungsvoll aufhorchen zu lassen, jedoch bleiben einige offene Fragen stehen, die hoffentlich in den Folgebänden noch geklärt werden.

Fazit

Totentöchter - Die dritte Generation von Lauren Destefano bietet eine interessante Idee, welche jedoch durch mangelnde Detailarbeit im Bezug auf die Kernidee und die Geschichte als solche wankt. Die etwas düstere, monotone Atmosphäre ist sicherlich nicht für jeden Lesegeschmack etwas, jedoch ist dieser Roman für Fans von Dystopien und Jugendbüchern sicherlich ein angenehmer Lesespaß.

Pro & Contra

+ Wunderschönes, zur Geschichte passendes Cover
+ Interessante Idee
+ Psychologischer Tiefgang (Charaktere)
+ Durchgehend Spannung & Neugierde seitens des Lesers
+ Interessantes Setting
+ Sympathie gegenüber der Protagonistin

o Düsterer, kühler Schreibstil
o Teilweise etwas langatmig
o Monotonie innerhalb der Geschichte

- Detailarbeit und Hintergrundwissen kommen zu kurz
- Zu wenig Potenzial aus der Idee geschöpft (hoffentlich in den Folgebänden)
- Emotionen der Charaktere nicht greifbar
- Nicht genügend Tiefgang (Handlung & Charaktere)
- Monotonie innerhalb der Handlung

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5