Rezension

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Eine Dystopie, die einen mit den Charakteren hoffen, aber auch verzweifeln lässt.

Gläserne Welt - Maya Shepherd

Gläserne Welt
von Maya Shepherd

Wenn Sicherheit Unterdrückung und Gefahr Freiheit bedeutet.

Jahrzehnte nachdem die Menschen im Dritten Weltkrieg durch den Einsatz von Atomwaffen die Erdoberfläche radioaktiv verseuchten, lebt man in Zeiten, in der nur die Verstoßenen diese tagtäglich zu Gesicht bekommen. Der überwiegende Teil lebt in einer von mehreren Legionen unter der Erde. Alle sehen durch Tabletten gleich aus, auch der Schaf wird kontrolliert. Gefühle zu zeigen ist strengstens untersagt, denn diese verleiteten die Menschen erst zu Neid und Gier und verursachten damit den Dritten Weltkrieg.

Zoe lebt glücklich auf der Erdoberfläche, bis ihre Gruppe Verstoßener, die sich selbst lieber als Rebellen bezeichnen, von Kämpfern einer Legion angegriffen werden. Bald darauf findet sie sich unter der Erde wieder und soll fortan den Gesetzen der Legion Folge leisten, ihre Freiheit aufgeben.

 In den Legionen gibt es immer sogenannte Legionsführer, die durch geschickte Gesetze alles und jeden kontrollieren und so ihre Macht erhalten. Sie haben sich die anfängliche Angst der Menschen zu Nutze gemacht und behaupten immer noch rigoros, dass Menschen nur in den Legionen überlebensfähig sind, ohne verstrahlt zu werden. Man kann die Legionsführer gerne als kalt und selbstüberzeugt bezeichnen. Das Einzige, was sie interessiert, ist der Erhalt ihrer Macht. So sollen Menschen, die aufzeigen, dass man Legionen und dementsprechend auch Legionsführer eigentlich nicht mehr benötigt, vernichtet und der Rest nicht aufgeklärt werden.

Zoe überlebt nur, weil sie den Legionsführern fortan als Experiment dienen soll. An ihr soll getestet werden, ob auch Verstoßene, also Feinde, sich wieder in die Legion eingliedern lassen. Sie ist davon nicht angetan, weiß sie doch, dass es den Legionsführern nur um Macht und Unterdrückung geht.

Somit wird auch gleich die Stärke von Zoe verdeutlicht. Wir begegnen einer taffen Protagonistin, die irgendwann keine andere Wahl hat, als zu versuchen sich unterzuordnen. Ihre Hoffnung auf die Rückerlangung ihrer Freiheit muss sie aber noch lange nicht verlieren.

Nach kurzer Zeit lernen wir auch noch jemanden aus der Legion näher kennen. Später wird er dann als Clyde bezeichnet und lernt Zoe näher kennen.

Alle Charaktere sind meiner Meinung nach ansprechend, aber vor allem auch glaubhaft gestaltet. Die Autorin nutzt personale Erzähler, die abwechselnd zu Wort kommen. Dabei werden nicht mehrere Handlungsstränge im Wechsel, sondern die derzeitige Situation aus mehreren Perspektiven geschildert, um die Figuren besser verstehen zu können. Das gefällt mir sehr. Auch manche Gespräche der Legionsführer kann man lesen, was mir auch wieder sehr gut gefallen hat und dessen Charakter verdeutlicht haben.

Die Darstellung der Legion gefällt mir. Wenn alle gleich aussehen und sich gleich verhalten sollen, ist die Welt trist und grau. Trotz dessen gibt es verschiedene Bereiche, die durch unterschiedliche Kleiderfarben für alle ersichtlich werden, welche die Menschen unterteilen, was nicht zur Gleichheit passt. Da Gefühle so gut wie verboten sind, ist alles eigentlich steril und kalt. Kinder entstehen nicht aus Liebe. Es gibt keine Namen, jeder ist nur noch eine Nummer im System.

Allgemein ist der Schreibstil der Autorin sehr ansprechend. Man ist nach den ersten paar Seiten in der Geschichte drin und versteht auch nach und nach das ganze System hinter den Legionen. Man ist am Anfang also fast genauso unwissend wie die Menschen in der Sicherheitszone, ausgenommen der Legionsführer und teilweise auch dessen Kämpfer. Es wird nie langweilig und geht einem auch wirklich nahe.

Des Weiteren ist es nicht unbedingt eine vorhersehbare Geschichte. Es gibt immer wieder unerwartete Wendungen, die die Figuren, aber auch den Leser überraschen. Nicht alles, was die „Guten“ planen funktioniert auch. Es gibt immer einmal wieder ein paar Rückschläge und das macht die ganze Geschichte auch richtig schön authentisch und sogar irgendwie realistisch.

Insgesamt möchte ich das Buch nicht mehr missen und gerne mit 5/5 Sterne bewerten. Die Protagonisten und dessen Entwicklungen gefallen mir sehr. Vieles ist in Wahrheit nicht so wie es die Legionsführer darstellen. Zoe, aber auch Clyde führen uns immer wieder sehr gekonnt durch die Geschichte und am Ende wird man mit vielen Fragen zurückgelassen. Ich kann dieses Buch Dystopie-Fans sehr ans Herz legen und warte gebannt auf das Erscheinen der Fortsetzung.