Rezension

Eine Dystopie mit Thrillerelementen

Die Verratenen
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt: 
Eine typische Dystopie, mit Sphären, einer zerstörten Umwelt und Menschen, die in den Sphären leben und Menschen, die in der Außenwelt leben. Beide Gruppen können sich nicht leiden uns stehen mehr oder weniger in Krieg miteinander. 
Um zukünftige Führungspersonen für die Sphären zu finden, werden die Jugendlichen bis zu ihrem 18 / 19 Lebensjahr in der Akademie unterrichtet. Dabei kann man sich auf bestimmte Themen spezialisieren. Je nach dem, wie gut man ist, bekommt man eine Nummer zugeteilt. Die Nummern, die unter 70 liegen, haben eine sehr gute Chance auf eine tolle Karriere im Sphärensystem. Diejenigen, die im Hunderterberreich liegen, arbeiten in schlechteren Sphären und haben so gut wie keine Aufstiegschancen.
Ria, die Nummer 7 der Akademie, ist sich sicher, dass sie eine Führungsposition ergattern wird. Sie ist sich sicher, dass ihr Freund, die Nummer 1, Präsident wird. Sie glaubt an das System und ist mit ihrem Leben zufrieden, bis sie eines Tages zwei ihrer Mentoren dabei belauscht, wie sie über Verräter reden. Anscheinend wollen diese Verräter eine Verschwörung planen und das Sphärensystem stürzen. Ria ist schockiert, noch schokiert ist sie, als unter den genannten Namen ihrer dabei ist …

Meine Meinung:
Erebos und Saeculum von Ursula Poznanski habe ich verschlungen. Vorallem Erebos hatte eine solche Sogwirkung auf mich, dass ich das Buch an einem Tag ausgelesen hatte.  
Obwohl ich mit der Schreibweise der Autorin vertraut bin, hatte ich Bedenken bezüglich Die Verratenen. Bisher hatte Ursula Poznanski nur Thriller geschrieben. Wie würde sie sich mit einer Dystopie schlagen?
Ziemlich gut, lautet die Antwort. 

Das Buch wird aus der Ich-Perspektive und im Präsens von der Protagonistin Ria erzählt. 
Nach dem typischen Verlorensein-Gefühl, die Dystopie-Anfänge immer haben, findet man sehr schnell in die Handlung hinein. Schnell steigt die Spannung an, sodass relativ früh klar wird, in welche Richtung sich das Ganze logisch entwickeln muss. Hier hatte ich ein kleines Deja-vù, da mich einiges an Gebannt und Breathe erinnert hat. Es hat sich angefühlt wie nach Schema. Zum Glück hielt das nicht lange an. 

Ria ist eine tolle Protagonistin, dennoch hat es ein Weilchen gedauert, bis ich mich mit ihr identifizieren konnte. Sie ist sehr analytisch, was mir tatsächlich gefallen hat. Dadurch wirkt sie nicht wie eine typische Protagonistin. Sie ist abgeklärt, selbstbewusst und misstrauisch. Anstatt herumzuheulen, reißt sie sich zusammen und bringt die Handlung weiter. Warum hat es dennoch so lange gedauert, bis ich eine Verbindung zu ihr aufbauen konnte? 
Ihr fehlte eine sehr lange Zeit das gewisse Etwas, das einen Charakter zu etwas Besonderem macht. Ihr hat das Menschliche gefehlt. Später wurde es auch hier besser. 

Neben Ria gibt es noch eine Menge andere Charaktere. Mit ihr flüchten noch weitere potentielle "Verräter". Diese Charaktere sind wieder nach Schema F gestaltet. Der Kluge, der Künstler, die Naturverbundene, der Nette von Nebenan und der Techniker. Hier ist von Anfang an klar, mit wem der Leser sympathisieren soll und mit wem nicht. Tiefe hat leider allen gefehlt.
Ein interessanter Nebencharakter ist Sandor, zu dem ich gar nicht viel sagen mag. Auch hier ist es klar, dass wir ihm erneut im zweiten Band begegnen werden.

Das Buch ist so verdammt spannend! Das liegt zum einen daran, dass dystopische Elemente mit Thrillerelementen verbunden werden. Für mich war das neu, denn bisher habe ich nur Fantasy-Sci-Fi-Dystopien gelesen.

Ursula Poznanski macht es einem nicht einfach. sie sträut viele geschickte Hinweise, lockt den Leser in die falsche Richtung und hält ihn immer bei Laune.

Wenn ihr den Schreibstil von Ursula Poznanski kennt, dann wisst ihr, dass sie ohne viele Schnörkel schreibt. Sie konzentriert sich auf klare kurze Sätze, so wird der Lesefluss geschmeidig gehalten und das Buch ist im Nu ausgelesen.

Keine Sorge, das Ende ist weder abgeschlossen, noch ein Cliffhanger. Auch ohne einen zweiten Band parrat zu haben, kann man getrost das Buch lesen.

In der Kürze liegt die Würze: 
Interessanter YA Dystopie mit Thrillerelementen. Sehr spannend geschrieben, leider trifft man auf einige typisch-dystopische Plotthandlung auf. Dadurch fehlt dem Buch das Eigene, wodurch es aus der Masse der Dystopien herausstechen würde. Die Handlung spielt in Deutschland.

Bewertung:  
Es gefällt mir, dass immer mehr deutschsprachige Autoren den Mut haben, ihre Bücher in Deutschland spielen zu lassen. Ursula Poznanski zeigt, dass es nicht langweilig sein muss, wenn man das Handwerk beherrscht. Hut ab hierfür. 
Das Buch hat mir wirklich viel Spaß gemacht, aber mir fehlt das Individuelle. Den zweiten Band habe ich auch schon hier liegen und bin schon sehr auf die Fortsetzung gespannt. Der Auftakt der Trilogie bekommt von mir  ♥ ♥ ♥ ♥ Herzchen.