Rezension

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Eine eigenwillige Frau

Ida - Katharina Adler

Ida
von Katharina Adler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Katharina Adler erzählt in diesem Buch die Lebensgeschichte ihrer Urgroßmutter Ida, die Ruhm erlangte als vorgeblich hysterische Patientin von Sigmund Freud. Sie schildert Ida als eine eigenwillige, manchmal eigennützige, aber eben darum auch starke Frau, deren Leben durch die politischen Ereignisse und Katastrophen des 20. Jahrhunderts gekennzeichnet ist. Nachdem Ida zunächst sehr wohlhabend und behütet aufwächst, kämpft sie später mit Armut und Hunger, überlebt zwei Weltkriege, schlägt sich als Witwe tapfer durch und emigriert in den 1940ern in aller letzter Minute in die USA. Auch wenn sie dabei nicht immer sympathisch wirkt, ist es doch bewundernswert, wie viel Kampfgeist in ihr steckt.

Das Buch hat einige Längen, ist insgesamt aber fesselnd und mit feinem Witz geschrieben. Die unfairen Argumentationsmuster der Psychoanalyse und das problematische Machtverhältnis von Therapeut und Patientin werden sehr treffend dargestellt. Hier hätte mich allerdings doch interessiert, was eigentlich aus Idas Beschwerden wurde! Dadurch, dass diese später kaum noch erwähnt werden, ergibt sich fast der Eindruck, die Autorin schließe sich der (misogynistisch geprägten) Interpretation eines „Hysterie“-falls an.

Gefallen hat mir auch der Wechsel zwischen verschiedenen Zeiten – dadurch wurde Idas Charakter in seinem Werden und Gewordensein sehr schön beleuchtet. Allerdings bleibt die Autorin ihrer Protagonistin gegenüber teilweise etwas zu distanziert für mein Empfinden. Als etwas unmotiviert und störend habe ich auch die zwischenzeitlichen Perspektivwechsel empfunden. Alles in allem jedoch ein gelungenes Buch!