Rezension

Eine Einleitung für den Killer

Boy Nobody 01. Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. - Allen Zadoff

Boy Nobody 01. Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder.
von Allen Zadoff

„Boy Nobody“ mit dem Beititel „Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder.“ ist ein Geheimagenten-Thriller für Jugendliche, mit dem der amerikanische Autor Allen Zadoff den Grundstein zu einer viel versprechenden Reihe legt.

Inhaltlich geht es um einen namenlosen Jungen, der im Alter von 12 Jahren von einer geheimen Organisation als Attentäter rekrutiert wurde. Mittlerweile ist er 16 und erschleicht sich unter falschen Identitäten das Vertrauen seiner Zielpersonen, bevor er zuschlägt. Ein eiskalter Mörder, so scheint es. Doch sein neuer Auftrag stellt seine Loyalität auf eine harte Probe. Es sind Gefühle im Spiel, die er bisher nicht kannte…

Die Idee an sich macht diesen Roman als Thriller schon sehr spannend. Gerade im Bereich der Jugendbücher sind die Rollen des Helden und des Bösen doch oft recht eindimensional, offensichtlich und scharf getrennt dargestellt – eine solche klare Definition gibt es hier nicht. Der Junge, vorerst ohne Namen, der Ich-Erzähler dieses Auftakts, ist kein guter Mensch. Ohne Frage ist er ein Mörder. Für wen er allerdings arbeitet, wer seine Auftraggeber sind, wie er zu dem wurde, der er heute ist – das alles wird erst im Laufe der Geschichte in zahlreichen Rückblicken immer weiter aufgedeckt, vieles aber doch nicht vollständig aufgeklärt. So bleibt es spannend, die Figur des Hauptprotagonisten und sein Umfeld bleiben facettenreich. Der Leser kann spekulieren, zwischen vielen Möglichkeiten auf der gesamten Bandbreite zwischen dem „Bösen“ und dem „Guten“ wählen.

Unser Nobody ist nicht unsympathisch, doch ein Charakter zum bedingungslosen Gern-Haben ist er auch nicht unbedingt. Sympathie allein ist hier aber auch nicht das Entscheidende, denn insgesamt wirkt der Charakter durch seine zwiespältige Grundstruktur einfach authentisch. Der Rolle als Attentäter wird seine kühle und berechnende Art gerecht, die zunehmende Emotionalität spiegelt den Anfang seiner Zweifel wider, die den Kern der Entwicklung des Protagonisten ausmacht. Das Abweichen von seinem „normalen“ Weg ist das Interessante an diesem Thriller, gleichzeitig allerdings auch eine der kleineren Schwächen.

Denn den Zweifel ausgerechnet durch die übliche 3-Sekunden-Blitz-Liebe unsterblichen Ausmaßes einzuleiten wirkt nicht besonders durchdacht. Ganz im Gegenteil: Es wirkt ein wenig platt. Leider läuft es aber genau auf dieses Klischee hinaus. Die große Liebe auf den ersten Blick – da hätte der Autor auch ein bisschen weniger dick auftragen können. Nichtsdestotrotz schafft er es, sich und seine Hauptfigur durch geschickte Wendungen selbst aus der Kitschfalle zu retten und dem Buch ein rundes, stimmiges Ende zu verpassen, bei dem die Spannung bis zur letzten Seite aufrecht erhalten wird.

Sprachlich ist „Boy Nobody“ eine perfekt an die Hauptfigur angepasste stilistische Umsetzung aus kurzen Sätzen, schnellen Beobachtungen und einem hohen Lesetempo. Das Buch kommt ohne große Ausschmückungen aus, vermittelt dadurch die Atmosphäre eines Agententhrillers mit kalkulierendem Attentäter umso besser.

Kleine Schwächen bleiben aber. So scheint das Alter des Protagonisten und sein Wissen wie auch seine geistige Verfassung in Anbetracht seiner Ausbildungszeit von maximal zwei Jahren (mit anschließenden zwei Jahren im Einsatz) oft ein wenig überzogen – hier wäre „mehr“ definitiv mehr gewesen. Ein paar Jahre zusätzlich hätten der Glaubwürdigkeit sehr geholfen.
Außerdem ist „Boy Nobody“ von Anfang an klar erkennbar auf Fortsetzungsbasis geschrieben. Man spürt es als Leser recht schnell: Dieser eine Band wird kaum zu großer Erkenntnis führen. Eine abgeschlossene und nicht wenig spannende Teilhandlung mildern diesen Eindruck zwar ab, aber dennoch fühlt sich der erste Band eine Spur zu sehr nach Einleitung an.

Fazit: „Boy Nobody“ von Allen Zadoff ist ein sprachlich überzeugend umgesetzter Jugendthriller, der mit einem – fast – authentischen Charakter und spannenden Wendungen aufwartet. Einen leichten Anflug von Kitsch kann der Autor gekonnt umgehen, den Eindruck einer Einleitung statt eines ersten Bandes nicht ganz. Man muss sich darauf verlassen, dass die Fortsetzungen die Aufklärungsarbeit übernehmen. 4 Sterne.