Rezension

eine erwachsene, poetisch-philosophisch angehauchte Urban-Fantasy-Welt

Dunkelsprung - Leonie Swann

Dunkelsprung
von Leonie Swann

Inhalt:
In London tummeln sich die Fantasy-Gestalten.
Um seinem Tod zu entkommen, hat Julius Birdwell einen Handel angenommen und als Gegenleistung für seine Rettung versprochen, sich auf die Suche nach einer Nixe zu machen. Dabei trifft er auf Elizabeth, die es schafft, seine totgeglaubten Flöhe zu reanimieren. Elizabeth, die Hörner hat.

Gemeinsam machen sie sich auf die Jagd nach Hinweisen, die Verfolger stets dicht hinter ihnen. Sowie den Privatdetektiven Green, der mit seinem psychischen Problem glaubt, sich nur einzubilden, dass Elizabeth kaum ein Mensch sein kann.

Meinung:
Überraschend hat „Dunkelsprung“ den Weg in mein Regal gefunden und vom Klappentext neugierig gemacht, stürzte ich mich in die magische Welt, mit der ich im „Vorspiel“ konfrontiert wurde.

Gleich danach lernte ich Julius Birdwell kennen, einer der skurrilen Hauptcharaktere, denen Leonie Swann Leben eingehaucht hat. Julius Birdwell, der Nachfahre eines berühmten „Magiers“ und Ganoven würde am liebsten seine Ruhe haben und ganz allein für seinen Flohzirkus da sein. Julius hat ein Geheimnis. Die Flöhe arbeiten freiwillig für ihn und er muss sie nicht mit Goldfäden ketten, wie es die anderen tun. Die Ganoven, mit denen sein Großvater zusammengearbeitet hat, wollen auch in den Genuss von Julius‘ Hilfe kommen – doch er ist ein denkbar schlechter Ganove, der alles andere als gut im Lügen und Ausreden-Finden ist. Doch was Julius vorerst nicht weiß ist, dass all seine aufgetischten Lügen Wirklichkeit werden…
Nachdem seine Flöhe einem plötzlichen Nachtfrost zum Opfer gefallen sind und Julius – versehentlich – Fast-Selbstmord auf einer Brücke gemacht hätte, wird er von einer Nixe gerettet.
Die Gegenleistung ist einfach: Es gibt da jemanden, der magische Wesen entführt und gefangen hält – und Julius soll dabei helfen, sie zu retten.

Dabei lernt er den Privatdetektiv Green kennen, der seinerseits an einem sehr wichtigen Fall arbeitet und deren Wege sich immer wieder kreuzen. Noch wichtiger jedoch ist die Begegnung mit Elizabeth, deren wahres Geheimnis Julius erst sehr spät entdeckt, dem „verrückten“ Frank Green jedoch sofort ins Auge sticht: Elizabeth hat Hörner!

Der Einstieg in „Dunkelsprung“ gelang mir alles andere als leicht. Perspektivenwechsel, „Löcher“ und eine sehr verrückte Geschichte machten es mir alles andere als einfach, mich fallen zu lassen.
Es dauert mehrere Kapitel, bis ich mich einigermaßen in Leonie Swanns Welt zurechtfand. Ich bin Fantasy alles andere als abgeneigt, hier blieben diese Gestalten jedoch sehr lange versteckt und die Autorin deutete immer nur an, das es sie gäbe (was aber auch durchaus eine der Verrücktheiten sein hätte können, die die Charaktere so an sich haben).

Der Schreibstil ist sehr ausgeschildert, wirkt teilweise berichtsartig (mit Lücken durch Perspektivenwechsel). Lange Zeit hatte ich keinen Zugang zu den Charakteren, die ihre Geschichte von einer dritten Person in Gegenwartsform schildern lassen. Sie waren zu speziell für mich, ich bin mit dem Gangsterjob (bzw. mit der „Bedrohung“ dadurch) von Birdwell oder der Psychotherapie (oder besser dem Grund dafür) von Green nicht zurechtgekommen – und auch nicht mit seiner zweiten Persönlichkeit Black. 

Erst kurz vor der Hälfte des Buches konnte ich mich einigermaßen in die Charaktere und Leonie Swanns London überhaupt einfinden. Die Suche nach der Nixe wird zu einem waschechten Krimi, der Spurenverfolgung und Jagd nach weiteren Hinweisen – im Nacken stets die „böse“ Seite, die dasselbe Ziel anvisiert. Dann jedoch wurden mir die Charaktere teilweise doch zu suspekt. Julius, der eine ganz spezielle Wandlung durchmacht, ist nur ein Beispiel.

Ich bekam Zug um Zug Antworten auf Fragen, die ich mir nicht einmal gestellt habe. Teils in philosophische, bildgewaltige Sätze gepackt, erschuf Leonie Swann eine ganz spezielle Urban-Fantasy-Welt, die so ziemlich alles beherbergt, das man als Fantasy-Leser so kennt. Dennoch konnte mich die Autorin nie packen. Die Idee mit den Flöhen war mir zu suspekt, die Perspektive der Flöhe, vor allem die des Albino-Flohs Lazarus Dunkelsprung, nicht nur gewöhnungsbedürftig. Lieder wie „Blut tut gut“ usw. konnten mir weit weniger Spaß bereiten als vermutet.
Die vielen Perspektivenwechsel und sogar Zeitwechsel haben es mir zusätzlich schwer gemacht, einen roten Faden zu finden. So baute sich nur sehr langsam Spannung auf und ist erst gen Showdown wirklich spürbar. Dem gut gestalteten Ende (aber was nach dem letzten Satz passiert, hätte mich dann doch noch interessiert) folgte eine Abhandlung über Flöhe und aus dem Buch bekannte Namen, die es auch in der Realität gab, was ich persönlich sehr interessant fand.

Urteil:
„Dunkelsprung“ ist alles andere als leichte Kost. Das auf dem Cover zitierte „Märchen“ suchte ich vergeblich, bekam dafür aber allerhand Fantasy-Gestalten und winzige Flöhe, die Großes bewirken. Der Geschichte konnte ich nach dem schwierigen Einstieg nicht immer folgen, das Verhalten und die Entwicklungen der Charaktere waren mir teilweise suspekt. Alles in allem gibt es von mir sehr sehr gute 2 Bücher.

Wer in eine erwachsene, poetisch-philosophisch angehauchte Urban-Fantasy-Welt tauchen und dabei den skurrilsten Charakteren begegnen möchte, sollte sich unbedingt näher mit „Lazarus Dunkelsprung“ beschäftigen.

©hisandherbooks.de