Rezension

Eine faszinierende Reise in die Antike mit aktuellen Bezügen

Papyrus -

Papyrus
von Irene Vallejo

Bewertet mit 5 Sternen

Wie die Bücher geboren wurden

Hinter einem schlichten und doch hübschen Einband verbirgt sich hier ein kluges und besonderes Buch. Die spanische Autorin Irene Vallejo entführt uns dabei auf eine vielschichtige und abenteuerliche Reise zurück zu den Anfängen schriftlicher Aufzeichnungen, schildert wie die Bücher zum dem wurden, was sie heute sind, und warum sie uns aller technischen Entwicklungen zum Trotz wohl noch lange erhalten bleiben werden.

Alles wird lebendig und flüssig erzählt, mit allerlei Abschnitten, die man in einer Dokumentation wahrscheinlich "Spielszenen" nennen würde - Momente aus dem Leben historischer Persönlichkeiten, aber auch ganz normaler Menschen, ob bei der Papyrus-Ernte, während einer Schlacht oder bei der Erfindung bahnbrechender Neuerungen rund um die Welt der Bücher.

Man merkt, wie gebildet und belesen die Autorin ist, ohne dass sie dabei überheblich wirkt. Sie zeigt durchaus auch Humor und Lockerheit in ihren Schilderungen, und das Buch ist trotz seines erheblichen Informationsgehalts und der vielen komplexen Themen nie trocken.

Von Urheberrecht, Zensur und antiken Bestseller-Listen

Immer wieder zeigen sich faszinierende Paralleln und sich wiederholende Motive über die Menschheitsgeschichte hinweg. Irene Vallejo streut viele Verknüpfungen zu späteren Werken der Weltliteratur und Filmen ein, von Shakespeares Dramen über Huckleberry Finn und 1984 bis zu modernen Bestsellern wie Der Vorleser.

Außerdem trifft man, etwa bezogen auf die Gefahren für Bücher und ihre Schöpfer oder Besitzer, auch auf sinnvolle Vergleiche zwischen damaligen Vorkommnissen und etwa Ereignissen aus dem Zweiten Weltkrieg, dem Jugoslawien-Krieg, dem Franco-Regime bis hin zum Internet-Zeitalter.

So wird, obwohl es schwerpunktmäßig um die antiken Ursprünge geht, immer wieder ein gelungener Bezug zur jüngeren Vergangenheit hergestellt.

Darüber hinaus lässt die Autorin auch eigene Erfahrungen einfließen - Mobbing als „Streberin“ in der Schule, Buchhandlungsbesuche mit ihrem Vater, das Aufeinandertreffen mit Gelehrten...

Angenehmer Stil

Begeisterte Leser und Buchliebhaber kommen voll auf ihre Kosten, besonders wenn sie außerdem ein gewisses Faible für die Antike haben.

Papyrus regt dazu an, sich Gedanken über vermeintlich alltägliche Dinge wie die Schrift, das stille Lesen und die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Literatur zu machen, die man heutzutage meist für selbstverständlich hält, bis zu deren Entstehung es aber ein teils Jahrhunderte währender und steiniger Weg war. Von diesem erzählt die Autorin sehr angenehm und ganz nebenbei konnte ich hier einiges lernen.

Zwar hatte ich schon von Alexander dem Großen, dem Rosetta-Stein, Herodot oder Homers Ilias gehört, viele Details und Erkenntnisse waren mir aber unbekannt. So etwa die Wortherkunft von "Pergament", die Tatsache, dass das griechische Alphabet wahrscheinlich auf einen einzigen kreativen Kopf zurückgeht oder die Entstehungsgeschichte der legendären Bibliothek von Alexandria, um nur ein paar zu nennen.

Daneben finden sich hier meiner Meinung nach zahlreiche zitierungswürdige Stellen – der Schreibstil gefällt mir ausgesprochen gut.

Ein umfangreiches Quellenverzeichnis, weiterführende Literatur und ein Personenregister runden das Buch ab.

Fazit: Wie wunderbar, dass die Menschen vergangener Epochen durch ihre Werke über die Jahrtausende hinweg zu uns sprechen können.