Rezension

Eine Frau auf der Suche nach der Wahrheit

Die Frau, die nie fror - Elisabeth Elo

Die Frau, die nie fror
von Elisabeth Elo

Pirio Kasparov, die außergewöhnliche Protagonistin in Elisabeth Elos Debüt "Die Frau, die nie fror", dreißig Jahre alt und russischer Abstammung, lebt in Boston und leitet, nachdem ihr Vater sich mehr oder weniger aus dem Geschäftsleben zurückgezogen hat, das Familienunternehmen. Ihre Zuneigung gilt dem zehnjährigen Noah, ihrem Patenkind und Sohn ihrer alleinerziehenden Freundin Thomasina, um den sie sich rührend kümmert, da dessen Mutter Alkoholikerin ist und immer wieder rückfällig wird. Aber Pirio ist auch mit Noahs Vater Ned befreundet und unterstützt ihn nach Kräften.

Ned ist seit kurzem stolzer Besitzer eines Fischkutters, und da er für seine erste Fahrt eine helfende Hand an Deck benötigt, willigt Pirio schließlich ein und geht mit ihm auf Hummerfang. Als die beiden draußen auf dem Atlantik sind, taucht plötzlich wie aus dem Nichts ein riesiger Frachter auf und hält unbeirrt Kurs auf ihr Boot und rammt es. Es zerbricht in tausend Stücke, Ned geht über Bord und ertrinkt, und sein Leichnam wird nicht gefunden. Pirio hingegen kann sich an eine Holzplanke klammern und treibt vier Stunden im eiskalten Wasser des Nordatlantik, bis sie gerettet wird. Und so wird sie für die Medien Die Frau, die nie fror", einer Eigenschaft, die auch die Navy auf den Plan ruft und sie zum Forschungsobjekt macht.

Die Untersuchung der Behörden gehen nur langsam voran, aber Noah stellt Fragen zum Tod seines Vater, auf die er Antworten verdient. Und so startet Pirio ihre Nachforschungen und stellt fest, dass es zahlreiche Ungereimtheiten gibt. Und je mehr Einzelheiten sie aufdeckt, desto wahrscheinlicher scheint es ihr, dass es kein Unglücksfall, sondern eiskalter Mord war. Wem war Ned im Weg und warum?

"Die Frau, die nie fror" ist ein Roman mit verschiedenen Facetten: es ist nicht nur ein Kriminalroman, der sich zum Ökothriller entwickelt, sondern vorrangig eine Familiengeschichte. Aber vor allem ist es die Geschichte einer komplexen und mutigen Frau sowie deren Suche nach ihrem wahren Selbst, was von der Autorin auch durch die facettenreiche Charakterisierung Pirios unterstützt wird. Leider gelingt ihr das bei den Nebenfiguren nicht ganz so gut, denn diese sind dann doch eher sehr genretypisch angelegt.

Die Handlung ist vielschichtig und entwickelt sich langsam, dafür gewinnt sie aber mit jeder Seite an Dichte. Elisabeth Elo nimmt den Leser mit auf eine Reise, deren Ziel lange im Unklaren bleibt. Erst im letzten Drittel führen die verschlungenen Pfade zusammen und enden in einem fulminanten und actionreichen Showdown, der aber meiner Meinung nach nicht hundertprozentig zu dem eher unaufgeregten literarischen Stil des Buches passt.

Dennoch ist "Die Frau, die nie fror" alles in allem ein lesenswertes Debüt mit einer Protagonistin, die sich nur schwer in Schubladen einordnen lässt und von der wir zukünftig hoffentlich noch mehr lesen dürfen.