Rezension

Eine Frau bei 1000°

Eine Frau bei 1000° - Hallgrímur Helgason

Eine Frau bei 1000°
von Hallgrímur Helgason

Bewertet mit 2 Sternen

Dieses Buch finde ich immer noch sehr seltsam. Irgendwie liebe ich ja Island, aber die Autoren schreiben scheinbar auch sehr seltsame Werke, denn bei diesem Titel hier, frage ich mich immer noch ein bisschen, was mir das Buch eigentlich genau sagen sollte.

Es ist jetzt übrigens nicht so, dass ich das Buch vollkommen grausam fand, aber wirklich etwas damit anfangen, konnte ich leider auch nicht. Die Idee hinter der Geschichte klang ja schon sehr verrückt, mit der alten Dame, die in einer Garage lebt und schon mal vorsorglich einen Termin für ihre Einäscherung macht, aber an sich bekommt man davon nur grob etwas mit, gehört das alles eher zur Nebensache in der Handlung, denn das Ganze wird zwar irgendwie erwähnt, aber eigentlich geht es, glaube ich, um etwas ganz anderes.

Das gesamte Buch hindurch verfolgt man die Erinnerungen von Herbjörg María Björnsson an ihre Vergangenheit und das eher in einer sehr skurrilen und unstrukturierten Form, wobei das Ganze auch immer mal wieder davon unterbrochen wird, dass irgendwer an ihrem Bett in ihrer Garage vorbei kommt. Insgesamt war dadurch eine Handlung nicht wirklich zu finden, zumindest keine, die einen klaren roten Faden hat. Ich hab mich beim Lesen die ganze Zeit ziemlich hin und her geworfen gefühlt, springt man doch irgendwie in dem doch sehr seltsamen Lebensverlauf der Protagonistin, die in den wirren des Zweiten Weltkrieges von ihren Eltern getrennt wird, da ihre Familie damals in Deutschland lebte, hin und her. Und auch, wenn ihr Leben durchaus nicht uninteressant ist, da vieles skurriles passiert, sie auf die unterschiedlichsten Menschen trifft, war es einfach so, dass mir ihr Charakter irgendwie seltsam vorkam.

In vielen der Szenen wirkt Herbjörg María Björnsson nämlich eher wie ein waschechter Kerl. Durch ihre so extrem obszöne, vulgäre und auch direkte Art, die auch einfach sehr körperlich und sexversessen ist, wirkt Herbjörg María Björnsson auf mich als Charakter einfach sehr unglaubwürdig, trotz ihres bewegten Lebens, der vielen Männer, die sie sich angelacht hat etc. Irgendwie konnte ich sie einfach nicht richtig greifen, was wohl auch daher kam, dass viele Episoden in ihrem Leben angeschnitten werden, man dann wieder vor oder zurückspringt in ihrem Leben und nie eine Auflösung zur angeschnittenen Episode bekommt, sondern weiter durch ihre Lebensgeschichte saust und das, wie erwähnt, einfach extrem sprunghaft.

Ein sehr skurriles Buch, dass sich durch seinen Aufbau und auch den sehr gewöhnungsbedürftigen Schreibstil nicht unbedingt angenehm zu lesen war für meinen Geschmack und in dem ich nur bedingt einen Sinn sehen konnte, besonders auch, weil die Protagonistin für mich so wenig weibliches hatte und einfach unauthentisch wirkte. Was man dem Roman aber definitiv nicht absprechen kann, ist, dass er sehr skurril ist und ich wette, dass er auch so manchen Liebhaber finden wird, der dann vielleicht auch Herbjörg María Björnsson, ihre Lebensgeschichte und die daraus resultierende Entwicklung des Charakters gänzlich versteht.