Rezension

Eine Frau sieht Blutrot

Totenfrau - Bernhard Aichner

Totenfrau
von Bernhard Aichner

Bewertet mit 4 Sternen

Die Zeit heilt alle Wunden. Endlich hat Blum einen Mann gefunden, an den sie sich anlehnen kann, eine Familie, die ihren Namen verdient und eine Arbeit, die sie ausfüllt. Blum ist Bestatterin von Beruf. Sie bringt Menschen unter die Erde und niemand ahnt von ihrem kleinen Geheimnis, dass sie einst mit Mark, dem Polizisten zusammengeführt hat. Doch wie das Leben so spielt, der über alles Geliebte kommt vor ihren Augen bei einem Motorradunfall ums Leben. Fahrerflucht. Der Tod ihre Mannes wirft Blum aus der Bahn. Die Zeit heilt keine Wunden. Durch einen Zufall kommt die Totenfrau einem Verbrechen auf die Spur, dass Marks Ableben in ein völlig neues Licht rückt. Anscheinend war der Polizist fünf Männern auf der Spur, die ein brutales Hobby pflegten. Blum kennt von nun an nur noch einen Gedanken. Rache! Denn wenn sie eines im Leben gelernt hat ist es: Der Tod heilt alle Wunden.

Im Allgemeinen bin ich kein großer Fan von Selbstjustiz und Rache-Thrillern, aber Bernhard Aichner legt mit „Totenfrau“ eine lesenswerte Ausnahme vor. Wie mit einer Machete geschlagen wirken die knappen Sätze mit der eine ungeheuer interessante Protagonistin aufgebaut wird. Blum kennt kein Erbarmen, was kein Wunder ist. Denn gnädige Götter hat sie persönlich niemals kennengelernt. Ihre eigene Kindheit war ein Alptraum. In Sekundenbruchteilen verschwindet ihr Lebensglück bei einem fingierten Unfall. Wer kann ihre Wut nicht verstehen?

Für mich war das Lesen des Buches ein großer Genuss, weil Blum eine Seele hat und nicht nur eine mordende Killermaschine ist. Nein, Blum ist eine anlehnungsbedürftige Rachegöttin, die manchmal einen über den Durst trinkt, um der Einsamkeit zu entkommen. Blums unwiderstehlichen Reiz können sich Männer nur schwer entziehen und auch mir, als Leser, ist diese Frau, die Menschen unter die Erde bringt unter die Haut gegangen. Das Spannende war für mich die Entwicklung Blums zu verfolgen und ihre Beweggründe kennenzulernen.

„Totenfrau“ ist sehr plakativ geschrieben, wie für Film und Fernsehen gemacht. Schwächen kann man allenfalls beim zu raschen Auffinden der Täter erkennen. Auch fehlt dem Roman ein starkes überraschendes Moment. Der Fokus ist eindeutig auf Blum ausgerichtet. Die kleinen Mängel werden von der Wucht der Ereignisse, der psychologischen Tiefe und dem mit fiebern mit der Protagonistin locker wett gemacht. Ein intensives Leseerlebnis, dass in mir Nachhall erzeugt hat.