Rezension

eine ganz und gar wunderbare Geschichte

An Nachteule von Sternhai - Holly Goldberg Sloan, Meg Wolitzer

An Nachteule von Sternhai
von Holly Goldberg Sloan Meg Wolitzer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Hier hat mich in erster Linie der Name Meg Wolitzer dazu bewogen, in die Leseprobe zu schauen. Denn auf dieses Erzählformat stehe ich eigentlich nicht so. Aber wie heißt es immer wieder mal - Ausnahmen bestätigen die Regel. So auch hier.

Schon mit den ersten Mails, die zwischen Bett und Avery hin- und hergingen, war ich an die Geschichte gefesselt. Eine interessante Ausgangssituation: Bett schreibt eine Mail an die ihr bis dahin völlig unbekannte Avery, dass sie glaubt, nein, eigentlich ist sie sicher, ihre beiden Väter sind ein Paar und planen, ihre Töchter in ein Sommercamp schicken, damit sie Freundinnen werden. Bett ist eine unkomplizierte, naturverbundene Sportskanone, die vor Lebendigkeit sprüht und scheinbar vor nix Angst hat. Avery so ziemlich das Gegenteil. Ein leicht neurotisches Stadtkind, kopfgesteuert und von vielerlei Ängsten geplagt. Wie diese beiden so grundverschiedenen Mädels sich einander annähern und tatsächlich zu einer tiefen Freundschaft finden, wird gleichermaßen einfühlsam und herzerfrischend erzählt.
Schnell sind mir die Beiden ans Herz gewachsen, jede auf ihre Weise, denn sie sind einfach liebenswert und knuffig, mega-cool und dabei noch so klug.

Wobei es nicht nur um den Austausch zwischen Bett und Avery geht, sonst wäre es möglicherweise irgendwann ein bisschen monoton geworden. Auch diverse andere Menschen aus ihrer beider Leben, teils wichtige, teils unwichtigere, kommen zu Wort, bringen Abwechslung und Licht in die Geschehnisse, die man als Leser ja niemals „live“ miterlebt. Und es geschieht allerhand, und nicht immer wieder läuft es ganz anders als erwartet, erhofft, gewünscht, geplant …

Es ist eine Geschichte, die in die Zeit passt. Patchworkfamilien sind ja schon lange nichts Neues mehr, aber der Aspekt zweier schwuler alleinerziehender Väter ist hier irgendwie hinreißend eingeflossen. Anfangs war ich ein bisschen erstaunt, wie unkompliziert sich das Ganze scheinbar in allen Lebenslagen darstellt. Aber ich denke, es war den Autorinnen ein Anliegen, diese Konstellation eben gerade als selbstverständliche Variante von Leben und Liebe zu vermitteln. Beide Mädchen haben ein sehr enges, liebevolles Verhältnis zu ihren Vätern und ich fand es köstlich, wie sie mit deren Befindlichkeiten und Eigenheiten umgehen, sich manchmal auch ein bisschen lustig über sie machen.

Man spürt, dass dieses Kinder- und Jugendbuch (ab 10 J.) von zwei Könnerinnen ihres Fachs geschrieben wurde. Erzählerisch, sprachlich, in der Ausgestaltung sämtlicher Figuren und mit besonderer Aufmerksamkeit für kleine Details, fand ich es erstklassig, so dass es auch für mich, als erwachsenen Leser, ein uneingeschränktes Lesevergnügen gewesen ist – emotional, humorvoll, lebenssprühend und niemals langweilig.