Rezension

Eine gelungene Biografie einer Familie

Strauss -

Strauss
von Michael Lemster

Bewertet mit 5 Sternen

„Strauss: Eine Wiener Familie revolutioniert die Musikwelt“ ist eine interessante und umfassende Familienbiografie des Autors und Kulturwissenschaftlers Michael Lemster. Wie schon in seinen Familien-Biografien „Die Mozarts“ und „Die Grimms“ recherchiert er penibel und spickt seine Werke mit Zahlen, Daten und Fakten. Zusätzlich wird aus Briefen und Zeitungsnotizen zitiert.

 

Sehr gut gefällt mir, dass wie das gesellschaftlich und politische Umfeld über mehr als ein Jahrhundert dargestellt wird. Zunächst befinden wir uns ja in der nach-napoleonischen Ära, in der die Fürsten ihre Machtansprüche von vorher wiederherzustellen versuchen. Dazu bedienen sie sich häufig der Willkürherrschaft, der flächendeckenden Zensur und anderer Repressalien. Mit der Zensur bekommen es die Musiker der Familie Strauss mehrmals zu tun. Als 1830 nach dem Eisstoß das darauffolgende Hochwasser die Leopoldstadt überschwemmt, verlieren sie ihre Wohnung. Die Revolutionen von 1848/49 bringen die Sträusse auf die Barrikaden, Johann kurz ins Gefängnis bzw. in Ungnade beim Kaiserhaus. In der NS-Zeit wird die Musik der Sträusse trotz deren lange zurück liegender jüdischer Herkunft vereinnahmt. Die Familienmitglieder zwar gerade nicht verfolgt, aber drangsaliert.

 

Ein Neujahrskonzert ohne Donauwalzer oder Radetzky-Marsch? Unvorstellbar!

 

Lemster beginnt zunächst bei Johann Strauss Vater (1804 - 1849) geht aber von diesem noch weiter in die Vergangenheit zurück, wodurch sich ein noch besseres Familienbild ergibt.

 

Nach dem frühen Tod von Johann Strauss Vater, hält die Witwe Anna die Familie zusammen. Es bleibt ihr ja auch wenig übrig, denn trotz des guten Einkommens, ist kaum Geld vorhanden. Das liegt natürlich vor allem am Verstorbenen selbst, der die Einnahmen auch wieder flott ausgegeben hat, unter anderem für seine Zweitfamilie mit Emilie Trampusch mit der er acht Kinder hat.

 

In Johann „Jean“ (1825-1899) erwächst dem Vater eine geniale Konkurrenz im eigenen Haus. Zunächst muss, was vielleicht nicht allgemein bekannt ist, Johann eine Buchbinderlehre absolvieren. Sein Musikertalent wird von Mutter Anna gefördert, die ihrem fremdgehenden Ehemann eins auswischen will. Neben einer Oper, einem Ballett, Dutzenden Operetten schreibt Jean Hunderte Walzer, Polkas, Märsche und Quadrillen. Er wird drei Mal verheiratet sein, aber ohne Kinder sterben.

 

Josef (1827- 1870) studiert am Polytechnikum (heute TU Wien) wird Ingenieur und hat eigentlich mit der Musik nichts am Hut, bis er für seinen Bruder Johann einspringen muss. Dafür, dass er Johann nur einmal kurz vertreten wollte, ist sein Werk mit 283 Kompositionen, beachtlich.

 

Der jüngste Bruder, Eduard (1835-1916) lässt sich ebenfalls überreden ins Familienbusiness einzusteigen. Er spielt die damals als unmännlich geltende Harfe. Auch er hinterlässt an die 300 Werke.

 

Ach, es gibt so viele interessante Details, die Michael Lemster ausgegraben und zu diesem Buch verarbeitet hat!

Erstaunt berichtet der Autor, dass es zwischen den Familienmitgliedern nur wenig schriftliche Konversation gegeben hat. Hat man sich nur wenige Briefe geschrieben oder ist die Korrespondenz vernichtet worden?

Über die Schwestern Strauss weiß man im Allgemeinen so gut wie gar nicht. Hier lüftet Lemster ein wenig den Vorhang des Vergessens.

 

Wie sagte, der leider bereits verstorbene Dirigent Mariss Jansons so treffend?

 

„Die Familie Strauss ist ein eigener Kosmos, der mit nichts in der Welt vergleichbar ist.“

 

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

 

Fazit: 

 

Zahlreiche Abbildungen und der Stammbaum der Familie Strauss vervollständigen die ausführliche Familiengeschichte, der ich gerne 5 Sterne gebe.