Eine geniale Fortsetzung
Bewertet mit 5 Sternen
Das unvergleichliche Stephen-King-Gefühl ist wieder da. :)
Dan Torrance, der kleine Junge aus "Shining" ist erwachsen geworden. Doch so süß und unschuldig wie damals ist er lange nicht mehr. Alkohol, Schlägereien, noch mehr Alkohol und sein ewiger Drang weiterzureisen haben ihn an seinen Tiefpunkt gebracht. Als er wieder einmal auf und davon ist, landet er in Frazier. Hier trifft er seinen imaginären Freund Tony wieder, entscheidet sich zu bleiben, arbeitet im Hospiz und kriegt die Kurve. Alles bestens, wäre da nicht die kleine Abra, die, genau wie er, ein unglaublich starkes Shining hat. Eine Gruppe von uralten Wesen, die ähnlich Vampiren, das Shining aus Kindern heraussaugen, haben Abra ins Visir genommen. Sie wollen sie quälen und foltern und sich von ihr ernähren. Und natürlich kann nur Dan ihr helfen......
Von der ersten Seite an war ich gefesselt und es stellte sich bei mir das lange verschollen geglaubte King-Gefühl wieder ein. Nach gut 100 Seiten bin ich richtig aufgeschreckt, um wieder zurück in die Realität zu finden. Kings Schreibstil entwickelt einen unglaublichen Sog, der den Leser nicht loslässt.
Es gibt im Grune drei Handlungsstränge: Zum einen Dan, der sich mittlerweile niedergelassen hat und ein recht angenehmes Leben führt, wären da nicht seine Erinnerungen. Oft findet er sich im Overlook wider und schreckt aus grausamen Alpträumen auf. Das sind immerwieder spannende Rückblenden auf "Shining" und ein paar zusätzlichen Infos.
Dann haben wir die kleine Abra, die sich ihrer Fähigkeiten zwar bewusst ist, die sie aber auch gruseln. Und natürlich verstehen ihre Eltern nicht wirklich, was dort vorgeht und hoffen, dass es weg geht. Abra ist ein ganz besonderes Mädchen. Eigensinnig, mutig und sehr bedacht auf ihre Lieben.
Zuletzt dann noch Rose the Hat vom "Wahren Knoten", die es auf Abras Shining abgesehen hat. Gemeinsam mit ihrer Wohnwagenkolonne ziehen sie durchs Land und saugen Kinder mit dem Shining aus.... Sehr gruselige Weggefährten, die aber nicht minder interessant sind.
Die Charaktere sind King-typisch besonders und genauestens ausgefeilt. Das Zusammenspiel aller und die logische Verkettung der drei Handlungsstränge ist wirklich spannend, auch wenn man natürlich weiß, worauf es hinausläuft.
Die Rückblenden auf Dans Leben fand ich besonders toll. Schließlich erfährt der Leser noch ein bisschen von Jack, Wendy und dem Overlook-Hotel.
Ich war immer total begeistert von "Shining" und habe mir zur Einstimmung nochmal den Nicholson-Film angeguckt. Und nach einigen nicht so gelungenen Büchern von King habe ich gehofft, nicht enttäuscht zu werden. Und das wurde ich auch nicht. King schafft mit "Doctor Sleep" einen tollen Spagat zwischen Erinnerungen an die frühere Geschichte und einer im Grunde eigenständigen Handlung rund um Danny Torrance. Das Wiedersehen mir alten Charakteren und das Kennenlernen vieler neuer und interessanter Gesichter macht aus "Doctor Sleep" einen mehr als würdigen Nachfolger.
Für mich das herausragendste Buch von King in den letzten Jahren. Noch vor der Arena und Joyland. Ich bin restlos begeistert.
Anzumerken ist noch das sehr informative Nachwort, in dem er nochmal darauf eingeht, wieso es zu diesen Nachfolger gekommen ist. In diesem Sinne: Lange Tage und angenehme Nächte. :)