Rezension

Eine Geschichte, die berührt und Akzeptanz für`s Anders sein schafft

Mein Leben als Sonntagskind - Judith Visser

Mein Leben als Sonntagskind
von Judith Visser

Bewertet mit 5 Sternen

** Wenn mich jemand anschaute, war es als würden seine Augen mich berühren. Wieder dröhnte mir das Getöse der Vorschule in den Ohren. Ich ging schneller. **
Der autobiographisch angehauchte Roman der Niederländerin Judith Visser hat mich tief berührt.

Jasmijn wächst in den 80-iger Jahren in den Niederlanden auf. Mit 3 kann sie bereits lesen und verschlingt Bücher mit Hingabe, reden hingegen tut sie kaum und wenn, dann nur mit ihrer Familie oder ihrer Hündin und zugleich besten Freundin Senta.

Sie ist schüchtern, sagen die Eltern dann 
Sie ist ein komisches Kind, denken die Anderen

Jasmijn ist es unmöglich, so zu sein, wie alle anderen. Sie weiss oft nicht, wie sie sich verhalten soll und Lärm und vielen Menschen ist sie gar nicht gewachsen.

Judith Visser gibt mit ihrem Roman "Mein Leben als Sonntagskind" tiefe und emotionale Einblicke in ein Leben mit Asperger. Und man merkt, dass sie genau weiß, wovon sie spricht.

Sie erzählt ihre Geschichte komplett aus der Sicht von Jasmijn und lässt den Leser bereits an der Gefühls- und Gedankenwelt der 4-jährigen teilhaben. Und das funktioniert. Man beginnt zu verstehen, zu fühlen was in ihr vorgeht und kann ihr Verhalten nachvollziehen.

Denn trotz eines klaren, nüchternen Schreibstils und sehr kurzen Kapiteln, entstehen tiefe Emotionen, die ankommen. Und über so manche Situation oder auch Frage, die Jasmijn sich stellt, denkt man noch lange nach.

Ich habe nicht erwartet, dass 600 Seiten eines doch eher ernsten und tiefgründigen Themas, so kurzweilig sein können. Man begleitet eine junge Frau, die - mit undiagnostiziertem Asperger-Syndrom - ihren Weg und ihren Platz in der Gesellschaft sucht. Und bekommt einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt einer Betroffenen.

Absoluter Lesetipp!