Rezension

Eine Geschichte, die mich leider nicht vollends von sich überzeugen konnte

Tagebuch meines Verschwindens - Camilla Grebe

Tagebuch meines Verschwindens
von Camilla Grebe

Bewertet mit 3.5 Sternen

»P war für mich wie eine Droge. Eine wunderbare Droge, auf die ich absolut nicht verzichten wollte. Er war die Droge. Ich war die Süchtige. Wer bin ich also, ihn jetzt anzuklagen?«

Das Cover ist richtig düster, wirkt bedrückend und passt mit der toten, blutverschmierten Hand und der Kette perfekt zum Inhalt der Geschichte.
Der Schreibstil von Camilla Grebe ist angenehm flüssig und sehr anschaulich, war mir oft aber etwas zu ausführlich.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Malin und Jake erzählt. Erst am Ende reihen sich ein paar Kapitel aus Hannes Sicht ein.
Das erste Kapitel spielt acht Jahre vor der eigentlichen Geschichte im Jahr 2009 und endet damit, dass Malin, die damals noch ein Teenager war, im Wald das Skelett eines kleinen Mädchens entdeckt. Bis heute bleibt der Fall jedoch ungeklärt.
Acht Jahre später ist Malin selbst Polizistin und arbeitet an genau diesem Cold Case. Als dann auch noch ihr Kollege Peter spurlos verschwindet und dessen Partnerin Hanne unterkühlt und ohne jegliche Erinnerungen im Wald gefunden wird, nimmt die Geschichte ihren Lauf.
Durch den doch sehr ausführlichen Schreibstil konnte ich mir das kleine verschneite Dorf namens Ormberg und die Umgebung bildlich vorstellen. Zu den Charakteren konnte ich leider keine richtige Bindung aufbauen. Sie waren mir weder sonderlich sympathisch noch unsympathisch.
So aufregend der Prolog auch begann, so langatmig war die erste Hälfte des Buches. Zwar wurden immer wieder Situationen geschaffen, die Spannung erzeugten, doch leider ebbten diese genauso schnell wieder ab. Meiner Meinung nach verlor sich die Autorin hier einfach zu sehr in Nebensächlichkeiten, die nicht sonderlich spannend waren.
So haben mich z.B. die pubertären Probleme, die Jake bewältigen musste, gelangweilt und die Geschichte auch kein Stück vorangetrieben. Einzig und allein die Passagen, in denen er in Hannes Tagebuch las, waren wirklich interessant.
Erst im letzten Drittel nimmt die Geschichte mit einem Mal richtig an Fahrt auf. Der Spannungsbogen wird durchgehend gehalten und die Ereignisse überschlagen sich regelrecht.
Das Ende hat es für mich noch mal herausgerissen, denn mit dieser Auflösung hätte ich niemals gerechnet. An dieser Stelle möchte ich ein großes Lob an die Autorin aussprechen.
Was mich jedoch bis zum Schluss sehr gestört hat, war die Tatsache, dass Jake das Tagebuch von Hanne nicht der Polizei übergeben hat.
Wie kann man so ein wichtiges Beweisstück nur für sich behalten, obwohl es hier um Leben und Tod geht und der Inhalt die Ermittlungsarbeiten enorm vorangebracht hätte?
Ich konnte und wollte Jakes Beweggründe nicht verstehen, denn in so einem Extremfall hätte er meiner Meinung über seinen Schatten springen MÜSSEN. Ganz egal, wie unangenehm die Situation ist.
Was mich zudem noch gestört hat, war der Wandel in der "Beziehung" zwischen Malin und Andreas. Ich konnte diesen plötzlichen Umschwung der Gefühle nicht nachvollziehen und empfand diese Entwicklung auch nicht authentisch.

Fazit:
"Tagebuch meines Verschwindens" ist eine Geschichte, die mich leider nicht vollends von sich überzeugen konnte. Erst im letzten Drittel hatte das Buch diese Sogwirkung, die ich mir von Anfang an gewünscht hätte.
Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass die Autorin ein sehr aktuelles und wichtiges Thema mit eingebaut hat.
Das Buch empfehle ich jedem, der gerne Thriller liest, in denen sich die Spannung langsam aufbaut und die sich nicht wie viele andere Bücher in diesem Genre in blutiger Brutalität verlieren.
3,5/5 ⭐️

Vielen Dank an das Bloggerportal und den btb Verlag, die mir das Rezensionsexemplar freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben.