Rezension

Eine Geschichte fürs Herz! Perfekt für die Weihnachtszeit

Chocolat
von Joanne Harris

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt 

Wir lernen die junge Mutter Vianne kennen, die seit Jahren mit ihrer Tochter von Ort zu Ort zieht, immer auf der Suche nach einer neuen Heimat. Sie hat das Reisen inzwischen satt und beschließt sich in einem kleinen Dorf in Frankreich niederzulassen. Doch auch hier wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. 

Was Joanne Harris hier sehr schön beschreibt, ist, was passiert, wenn man Menschen durch und durch freundlich begegnet, egal, ob die Freundlichkeit erwidert wird, oder eben nicht. Der Inhalt der Geschichte besteht im Grunde darin, zu beobachten, wie sich die Dynamik im Dorf verändert. Können Vianne und ihre Tochter vor Ort wirklich eine neue Heimat finden? Oder ist es vielleicht wirklich besser, die Zelte wieder abzubrechen und sich nach einem anderen Ort umzuschauen? 

Auch die Handlung von Chocolat glänzt vor allem durch die Haupt- und Nebencharaktere der Geschichte: Vianne hat ein gutes Gespür für Menschen und dafür, was ihnen in einer schwierigen Situation helfen könnte, egal, wie lange sie ihr Gegenüber schon kennt. Und diese Eigenschaft irritiert viele Dorfbewohner*innen, weil sie es zum einen nicht gewohnt sind, das man sich für sie interessiert und sie zum anderen so in ihrem Alltagstrott gefangen sind, dass ihnen der Zauber des Lebens verloren gegangen ist. 

Das Interessante ist, dass wir Vianne an einem Wendepunkt in ihrem Leben kennenlernen: Bisher war sie es gewohnt, nie lange an einem Ort zu bleiben. Diesmal ist es anders: Sie will sich den Dingen stellen, die sie im Dorf erwarten. Das ist insofern spannend, als das sie sich Konflikten stellt, den sie bisher immer erfolgreich aus dem Weg gegangen ist. 

Der zweite Protagonist der Geschichte ist der Pfarrer des Dorfes. Er hat sich in dem Dorf bereits gut eingerichtet. Er wird von den Dorfbewohner*innen akzeptiert und die meisten von ihnen, orientieren sich an dem, was der Pfarrer in seiner wöchentlichen Predigt so erzählt. Das Leben im Dorf hat also eine Ordnung, die Vianne mit ihrer Ankunft ganz langsam aber sicher auflöst. Je mehr Kontrolle der Pfarrer verliert, desto nervöser wird er. 

Spannend fand ich hier die Unschlüssigkeit des Pfarrers zu erleben: Einerseits verteufelte er Vianne und ihre Chocolaterie. Andererseits wurde in schwachen Momenten deutlich, wie sehr er sich wünscht, Teil der Gemeinschaft zu sein, die sich um Vianne sammelt. 

 

Hörbuch Gestaltung 

Besonders beeindruckt hat mich Hörbuchsprecherin Maud Ackermann. Sie kam mir aufgrund ihrer Stimmfarbe sehr bekannt vor, obwohl ich nicht klar sagen konnte, woher ich sie als Sprecherin kannte. Mir hat ihre Lesung von Chocolat unglaublich gut gefallen. Sie bringt nicht nur eine tolle Lesegeschwindigkeit mit, sondern lässt die Charaktere aufgrund ihrer Interpretation lebendig werden. 

Der Schreibstil von Joanne Harris ist leicht zu lesen bzw. in diesem Fall zu hören. Sie erzählt die Geschichten aus zwei Perspektiven: Der Perspektive von Vianne und der des Pfarrers. Beide Handlungsstränge sind in der Ich-Perspektive geschrieben und haben mir somit einen schnellen und guten Einstieg in die Geschichte ermöglicht. 

Obwohl der Inhalt bedrückend ist, weil wir immer wieder mitbekommen, wie Vianne und ihre Tochter aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen werden, schafft es Joanne Harris der Geschichte auch eine Leichtigkeit zu verleihen. Somit hat ihr Schreibstil für mich auch etwas zauberhaftes. 

 

Gesamteindruck 

Bei Chocolat handelt es sich um eine kurzweilige, aber sehr liebenswerte Geschichte. Obwohl sie nicht ganz im Winter spielt, würde ich euch empfehlen, sie in der Weihnachtszeit zu lesen oder zu hören.