Rezension

Eine Geschichte über und für das Leben

Vom Ende der Einsamkeit
von Benedict Wells

Bewertet mit 5 Sternen

Drei Geschwister werden von einem zum nächsten Moment zu Vollwaisen. Liz, Marty und Jules Moreau verlieren ihre Eltern aufgrund eines Autounfalls. Zunächst wohnen sie bei ihrer Tante, aber dort werden sie nicht bleiben, sondern ziehen wegen der Schulpflicht auf ein Internat. Liz ist reif und rebellisch, Marty lebt eher introvertiert in seinem Kokon und Jules ist eher der schüchterne stille Beobachter seiner Welt und der seiner Geschwister. Während der Schuljahre auf dem Internat lernt Jules Alva kennen, denn sie wirkt ebenso sonderbar wie Jules. Beide gelten eher als Außenseiter aufgrund ihres Verhaltens. Als beide das Abitur abgeschlossen haben, verlieren sie sich für einige Jahre aus den Augen bis eines Tages Jules eine E-Mail von Alva erhält. Auch Alvas Leben hatte sich in den letzten Jahren verändert. Sie zog nach dem Abitur nach Russland, um dort zu studieren und heiratete später einen wesentlich älteren Mann – einen Schriftsteller. Jules und Alva begegnen sich nach diesen langen kontaktlosen Jahren wieder, und stellen fest, dass sich nicht viel bei ihnen verändert hat, so als ob sie sich gestern noch begegnet wären. Aber dennoch lernen sie sich nach dieser langen Zeit intensiver kennen.

Der Jungautor Benedict Wells kann Emotionen und zwischenmenschliche Begegnungen auf einer Art und Weise beschreiben, dass das eigene Leben und das Alltägliche um einen herum vergessen lassen. Jules Moreau stellt den jüngsten Bruder der Geschwister dar, der aus seiner Ich-Perspektive erzählt. Während der ganzen Geschichte erlebt man die Entwicklungen, die Gefühlswelt und menschlichen Begegnungen von Jules relativ nah, so dass man einen Sog beim Lesen erlebt. Man fühlt mit, man trauert mit und wünscht ihm in manchen Situationen das Glück auf Erden. Immer wieder muss Jules Verluste und Enttäuschungen erleben, aber er wird letztendlich belohnt für schöne und unvergessene Momente in seinem Leben. Jules Leben ist für ihn eine Bereicherung, und weil der Autor die Leserschaft an Jules Leben teilhaben lässt, und somit wird die Geschichte zu einer Bereicherung für die Leserschaft. Jules Schwester Liz dagegen zeigt immer wieder, dass sie mit sich und dem Leben unzufrieden ist, und nicht wirklich enge Beziehungen aufbauen will oder kann. Ihr Leben zeigt häufig problematische Phasen. Marty stellt bereits als Schüler den Nerd der, der sich in seinem Zimmer verkriecht und am Computer sitzt und gerne tüftelt. Von den drei Geschwistern sticht Marty positiv heraus, weil er sich vom Einsiedler zum Familienmenschen und erfolgreichen Wissenschaftler entwickelt hat.

Diese Geschichte vergisst man nicht so schnell, weil sie berührt und nachdenklich stimmt. Mir gefiel diese Geschichte trotz der traurigen und melancholischen Elemente. Benedict Wells gelang es, eine gewisse Unnahbarkeit zwischen den Figuren zu schaffen, aber dennoch das Unausgesprochene emotional wirken zu lassen. Dieser Roman hat mich überzeugt, so dass ich die anderen Geschichten von Benedict Wells lesen muss. Dieser Roman gilt als Jahresfavorit von den Büchern, die ich im Jahr 2016 gelesen habe.