Rezension

Eine gewagte Abhandlung über die Menschheit, die einer Achterbahnfahrt gleicht

Eine kurze Geschichte der Menschheit - Yuval Noah Harari

Eine kurze Geschichte der Menschheit
von Yuval Noah Harari

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein gut zu lesendes Buch mit einem interessanten Ansatz. Das Lesevergnügen leidet stellenweise unter falschen Fakten und der zu stark in den Vordergrund gestellten und teilweise moralisierenden Meinung des Autors. 3 1/2 Sterne.

Inhalt

Der Autor, Geschichtsprofessor Yuval Harari, hat sich mit diesem Buch viel vorgenommen. Nichts weniger als die Geschichte der Menschheit will er in diesem Sachbuch, das auch für Nichtwissenschaftler verständlich und interessant sein soll, skizzieren. Das ist ein ganz schönes Unterfangen und so überrascht es angesichts der Materie auch nicht, dass "kurz" relativ zu sehen ist - knapp 500 Seiten umfasst das Buch.

Unterteilt ist die kurze Geschichte der Menschheit in vier Abschnitte:

  1. Die kognitive Revolution
  2. Die landwirtschaftliche Revolution
  3. Die Vereinigung der Menschheit
  4. Die wissenschaftliche Revolution

Meine ausführlichere Meinung

Harari bemüht sich, Dinge einfach und verständlich auch denjenigen zu erklären, die keinen wissenschaftlichen Hintergrund und wenig bis keine Vorkenntnisse in den diversen Gebieten, die er behandelt (u.a. Evolution, Sprache, Soziologie, Politik, Kolonialismus, Wirtschaft etc.), haben. Dies ist die große Stärke des Buches, da es sich wirklich gut lesen ist, man auf jeden Fall Lerneffekte hat und vor allen viele Denkanstöße erhält.

Denn vieles nehmen wir einfach als selbstverständlich hin ohne es groß zu hinterfragen - wer von uns würde zum Beispiel auf Anhieb sagen, dass die Menschenrechte eigentlich nicht existieren und nur ein kollektives Fantasieprodukt sind, an dessen Existenz wir alle glauben?

Ich finde es gut, dass das Buch an passenden Stellen durch Illustrationen, Fotos, Karten und ähnliches aufgelockert wird.

Harari bemüht sich vieler Vergleiche, die meiner Meinung nach in die beiden Kategorien "Top oder hopp" unterteilt werden können. Entweder sie sind wirklich eindrucksvoll oder eben das genaue Gegenteil. Leider ist es genau diese Top-oder-Hopp-Mentalität, die sich durch das gesamte Buch zieht. Es gab Abschnitte, die hielt ich für äußerst gelungen. Andere Stellen wiederum waren richtig schlecht, da schlampig recherchiert, falsche Fakten in den Raum geworfen oder die eigene Meinung des Autors zu prominent in den Vordergrund gestellt wurde. Ich hätte mir gewünscht, dass Harari manche Dinge differenzierter betrachtet hätte und nicht manche Theorien oder ähnliches völlig ausklammert. Er hätte dann ja immer noch seine Meinung kundtun können und dem Leser mitteilen, zu welcher Theorie er tendiert. Das ist mir doch leider negativ aufgestoßen, dass manche Sachen einfach so völlig unter den Teppich gekehrt wurden. Ich halte das für bedenklich.

Ein paar konkrete Beispiele für diejenigen, die gerne wissen möchten, was mir während der Lektüre nicht gefiel: So wurde etwa das ausgestorbene Dipritodon erwähnt, ohne jedoch näher zu erläutern, um was für ein Tier es sich dabei genau gehandelt hat. Oder er erwähnt den Manichäismus, ohne zu erklären, was das eigentlich genau ist. Jiddisch wird vom Autor als deutscher Akzent bezeichnet, was es definitiv nicht ist. An anderer Stelle zeigt Harari eine einzige (nämlich seine) Definition von Religion auf und stellt dann als Tatsache hin, dass es sich bei dem Kommunismus um eine Religion handelt. Stellen wie diese gibt es leider häufig und genau die sind es auch, die den Lesegenuss für mich getrübt haben.

Fazit

Ein toller Ansatz, den Harari streckenweise wirklich großartig umgesetzt hat. Jedoch schlampige Recherchen, falsche Fakten und die Tatsache, dass manche Dinge unerwähnt bleiben und er seine eigene Meinung oft dermaßen prominent in den Vordergrund und als einzige Wahrheit hinstellt, haben das Lesevergnügen für mich deutlich getrübt. Für mich glich es einer Achterbahnfahrt: viele Höhen, aber auch viele Tiefen. Ich gebe dem Buch wohlwollende 3 1/2 Sterne, da ich es durchaus für empfehlenswert halte, man es aber doch sehr kritisch lesen und oft durch eigene Recherchen Lücken, die im Buch gelassen wurden, schließen muss.