Rezension

Eine große Liebe erträgt alles

Das Haus zur besonderen Verwendung - John Boyne

Das Haus zur besonderen Verwendung
von John Boyne

Revolution, Exil, Weltkrieg, Verlust des einzigen Kindes, Ehebruch und Tod. John Boyne zeichnet in "Das Haus zur besonderen Verwendung" die Beziehung zweier Menschen mit fast allen grausamen Facetten nach, die das Leben bieten kann.

Zum Inhalt: Georgi, der Sohn eines Bauers, rettet einem Angehörigen der Zarenfamilie das Leben und wird daraufhin zum Leibwächter des Zarewitschs nach St. Petersburg berufen. Von seinem Leben bei Hofe, der Liebe zu der jüngsten Zarentochter Anastasia, der Flucht aus Russland, dem Exil und dem Leben mit seiner Frau Soja in der Fremde berichtet Georgi in der Ich-Form.

Zur Aufmachung: Ein Park im Herbst, im Hintergrund zwei Gestalten, unter dem Bild ein roter Stern. Vielleicht möchte diese Komposition darauf hinweisen, dass sich Georgi und Soja selbst im Herbst ihres Lebens immer noch von dem russischen Regime verfolgt fühlen. Zu dieser Einschätzung bin ich aber erst gekommen, nachdem ich das Buch gelesen habe; davor fand ich das Cover einfach nur nichtssagend. Schön finde ich, dass der Übersetzer genannt wird. Schließlich trägt eine gute Übersetzung nicht unerheblich zum Erfolg eines Buches bei.

Mein Eindruck: Ein Schmöker im besten Sinn! Als ich das Buch erst einmal in die Hand genommen hatte, konnte ich es nicht mehr zur Seite legen. Nicht nur, dass Boyne eine großartige Liebesgeschichte an die Frau bringt, sämtliche Orte, Personen der Zeitgeschichte und Daten sind auf das Beste recherchiert und auf der Website www.zurbesonderenverwendung.de illustriert. Zusätzlich versteht Boyne es, sowohl Orte als auch Gefühle der Handelnden so lebensecht und treffend zu schildern, dass ich die Schäbigkeit und Verzweiflung im Heimatdorf Georgis spürte und ebenfalls ehrfürchtig vor dem Winterpalast stand, als dieser in St. Petersburg eintraf. Gut gefiel mir, dass die Hauptpersonen nicht glorifiziert, sondern mit vielen Fehlern dargestellt sind, auch die "Guten" sind eben nicht perfekt. Aber auch die Nebenpersonen sind sehr bildhaft und differenziert angelegt, z.B. zeigt sich die Zarenfamilie einerseits als von Gott eingesetzt, andererseits versuchen sie dem russischen Volk zu beweisen, dass sie sich trotz aller Göttlichkeit kümmern.

Fazit: Auch wenn Klappentext und Cover nicht überzeugen können, spreche ich eine uneingeschränkte Empfehlung für "Das Haus zur besonderen Verwendung" aus. Selten hat mich eine fiktive Geschichte mit historischen Wurzeln so berührt und gefesselt.