Rezension

Eine Höllenfahrt, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Kartographie der Hölle - Knud Romer

Die Kartographie der Hölle
von Knud Romer

Bewertet mit 2.5 Sternen

"Die Kartographie der Hölle" von Knud Romer hat mich insgesamt mehr gefordert als erwartet. An sich weiß ich auch gar nicht was ich wirklich sagen soll, denn dieser autofiktionale Roman hat für mich sehr stark angefangen und sich dann doch recht schnell verloren, sich in den wirren Verstrickungen des Protagonisten Knud verfangen und mich schlussendlich auf die Palme gebracht. Ich würde nun gerne behaupten, die aktuellen Umstände seien schuld am Missfallen, aber viel mehr war es der nervige, depressive, drogenaffine Abstieg, das durchs Leben Wuseln und die Antipathie, die eine sehr große Rolle spielten. 

Knud wächst eigentlich in einem gut situierten Hause auf und hat bereits in frühen Jahren das Ziel einen Roman beim Inselverlag zu veröffentlichen. Es treibt ihn von Nykobing zum Literaturstudium nach Kopenhagen, wo er dann auch eine lange Zeit verbringt. Am Ende werden es 17 Jahre in denen er Literaturwissenschaft studiert. Die Zeit wird geprägt von Drogen, Diebstählen, Unselbständigkeit und Familienhilfe. Durch Zufall schafft er am Ende den Absprung, ergattert einen Job und reißt sich dann doch wieder nur tiefer hinein. Knud beschreibt seinen Werdegang rückblickend und dabei ist das Ganze wie ein beschriebenes, schwarzes, tiefes Loch, das sich recht früh auftut und mit jedem von Knuds Schritten immer tiefer wird. Ihn begleitet dabei stets sein imaginärer amerikanischer Postkarten-Schachfreund M., der, wie sollte es auch anders möglich sein, als CIA-Agentensohn in Teheran lebt und von seinem aufwühlenden, bedrückenden und aufregenden Leben erzählt. Es gibt immer wieder Ausflüchte in verschiedenste Richtungen vom Kalten Krieg, über RAF, CIA, Sex, Party, Drogen, Politik, bis hin zu den Kloaken von Paris. Knud reflektiert sich und seine Situation häufig und kann zwischendurch auch sehr tiefgründig sein, doch am Ende verfällt er eher in Lethargie und steigt immer weiter ab. Und so kommt es dann auch sehr häufig zu Aussagen wie folgender:

"Die ersten dreißig Jahre meines Lebens hatte ich damit verbracht, mir ein Loch zu graben, das so tief war, dass ich mich daraus nicht mehr würde befreien können." oder "Es gab keine Zukunft. Mein Schatten war ein Grab, das man für mich ausgehoben hatte. Ein Schritt vorwärts und ich fiel hinein."

Es ist eine Berichterstattung. Autofiktional, sofern dies wirklich möglich ist, denn das Leben des Autors spielt in seinen Wesenszügen mit hinein. Knud Romer studierte Literaturwissenschaft, lebt in Kopenhagen und ist als Werbefachmann, Kolumnist und Schriftsteller tätig. Er hatte mit "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" einen mehrfach ausgezeichneten und kontrovers diskutierten Roman beim Insel Verlag und "die Kartographie der Hölle" soll nun eine Art Fortsetzung darstellen. Knud Romer springt dabei zwischen verschiedenen Gedanken, Schauplätzen und Fakten, aber auch zwischen sich selbst und seinem fiktiven Freund hin und her. An sich könnte man sagen, dass er sein Handwerk versteht und sehr ausdrucksstark schreiben kann, aber in dieser Form war es mir irgendwann einfach zu viel des Guten. Man hatte ständig das Gefühl zwischen zwei verschiedenen Romanen zu springen und ich wollte zunächst eigentlich nur etwas über Knuds Geschichte wissen, wurde dann allerdings durch die immer häufigeren Erzählungen M.s abgelenkt. Knud wurde mir mit beinahe jeder Seite unsympathischer und als es dann um seine eher zufällige Zeit in einer Werbeagentur ging, bin ich gänzlich ausgestiegen. Diese abwertende und generell recht banale bis unwürdige Art hat gerade in dieser Lebenssituationsbeschreibung seinen Höhepunkt erreicht und irgendwie wurde alles nur noch nervig und anstrengend, bis mir dann gänzlich die Lust daran verging. Es hätte ein großartiger Roman über das Leben des Knud Romer sein können, doch diese Höllenfahrt in Buchform machte mich persönlich nur noch aggressiv und je länger ich darüber nachdenke, umso schlimmer wird es. 

Ich gebe diesem Buch nun gut gemeinte zwei Sterne, da ich Teil einer Leserunde war, bei der mich die Faszination der anderen Mitleser ein Stück weit angesteckt hat und der erste Abschnitt mir noch sehr zusagte, aber für eine wirkliche Empfehlung meinerseits reicht es in keinster Form.